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Die Einsamkeit im "Sozialstaat"

Ernest
An alle Angehörigen die einen demenzkranken Menschen pflegen.

Meine Frau 88 ist an Demenz erkrankt. In den letzten 3 Jahren, indem sich ihr geistiger Zustand immer mehr verschlechtert hat, wurde sie von mir betreut.
Demenzkranke Menschen können nicht allein sein, daher war eine 24Stunden Betreuung erforderlich und das 365 Tage im Jahr.
Ich bin über 80 und auch nicht ganz gesund, die nervliche Belastung ist enorm.
Körperlich war meine Frau weitestgehend fit, wir konnte noch spazieren gehen, zum einkaufen kam sie immer mit, blieb zum Glück immer im Auto sitzen.
Nachdem ein Umzug anstand hat ihre Tochter mir geraten, sie in ein Pflegeheim zu geben.
Sie ist jetzt ca. 3 Monate in einem Pflegeheim und ich musste mir in diesen paar Monaten ihren Verfall mit ansehen. Sie ist in dieser Zeit 3 mal gestürzt und hat sich jedes mal etwas gebrochen. Ist zum Skelett abgemagert, Bettlägrig, Wund gelegen, nur noch ein Wrack.
Ich mache mir schwere Vorwürfe. Habe ich sie im Stich gelassen ? Diese Frage quät mich Tag und Nacht und bin sehr deprimiert.
Ich möchte sie gerne wieder nach Hause holen, habe aber Angst dass ich die Pflege allein nicht schaffe. Hilfe gibt es von keiner Seite. Habe bei den Umliegenden Pflegediensten angerufen, da heißt es überall, "wir sind überlastet und können zur Zeit keine neuen Kunden aufnehmen."
Zu allen Überfluss kommt noch die finanzielle Lage. Von allen Seiten flattern Rechnungen ins Haus. Die Rente sowie das Pflegegeld meiner Frau reichen nicht für die Pflegekosten. Ich muss von meiner Rente, etwas über Euro 830, noch Euro 400 für die Pflegekosten zuzahlen, dazu kommen noch die Zuzahlungen für Medikamente, Transport zum und vom Krankenhaus, Krankenhaus Aufenthalt, Fußpflege usw.
Man hat sich im laufe der Zeit ein kleines Polster zusammen gespart damit man im Alter nicht zum Sozialamt betteln muss, nun sieht man diese Rücklagen dahin schwinden bis zu eine Schonbetrag von jetzt 5000 Euro, (es wurde in letzter Zeit großzügig von 2800 Euro angehoben.)
Danke Sozialstaat !
Wegen schwerer Depression bekam ich vom Hausarzt eine Überweisung zu Facharzt, nach zehn versuchen eine Termin zu bekommen habe ich es aufgegeben. Entweder es wurden wegen Überlastung keine Termine vergeben oder Wartezeit bis zu einem Jahr.
Danke für die gute medizinische Versorgung !
Warum wird man deprimiert ? Möchte noch hinzufügen, dass meine erste Frau mit etwas über 50 vor ca. 30 Jahren an Herzinsuffizienz in meine Armen verstorben ist.
Ich wurde ich nicht gerade sehr von den Sonnenseiten des Lebens verwöhnt.
Also frage ich mich, lohnt es sich noch die letzten paar Lebensjahre dahin zu quälen ?
Es lohnt sich nicht !

28.07.2021 18:05 • x 5 #1


Kate
Hi Ernest und willkommen im Forum, ich bin schockiert angesichts dem was Du geschrieben hast.
Die Angst vor genau sowas betrifft mit Sicherheit ganz ganz viele (auch wenn Dir das gerade gar nichts nützt)

Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Schuld bist Du in meinen Augen keinesfalls. Was wäre wenn...,,Deine Frau bei Dir wäre, Du bist selbst am Ende, man kann sich leider nicht gut um andere kümmern, wenn es einem selbst nicht gut geht.

Es sind die Mißstände im Pflegeheim (sofern vorhanden) und leider auch die Krankheit Deiner Frau, die zusätzlich für rapiden Verfall sorgt.

Besuche sie so oft wie möglich, sprich mit ihr, bring ihr Düfte von Blumen oder Gewürzen mit die sie mag/mochte, an sowas erinnert man sich. Halte ihre Hand, aber sag Dir...Du bist dafür nicht verantwortlich.

LG Kate

28.07.2021 18:33 • x 6 #2


A


Hallo Ernest,

Die Einsamkeit im "Sozialstaat"

x 3#3


Stromboli
Lieber Ernest, mir geht es genauso, ich bin sehr betroffen von deiner Schilderung und eurer Not. Und fühle mich ziemlich ohnmächtig, kann dir auch nur von Herzen wünschen, dass du in diesen schlimmen Verhältnissen möglichst ein wenig für dich sorgen kannst und v.a. dir nicht noch diese Schuldgefühle machen musst.
Herzlichst von ferne, Stromboli

28.07.2021 19:42 • x 4 #3


E
Was in diesem Land ,mit alten und kranken Menschen gemacht wird , macht mir echt Angst ich habe in der Familie Leute ,die da hinter die Kulissen schauen können , und sie berichten von krassen Zuständen in der Pflege

28.07.2021 19:46 • x 1 #4


Kate
Zitat von Excellent66:
ich habe in der Familie Leute ,die da hinter die Kulissen schauen können , und sie berichten von krassen Zuständen in der Pflege

Wie hilft ihm so eine Information?! Muss man Zweifel und Ängste noch so schüren?

Lieber Ernest,

Das Pflegeheim Deiner Frau gibt mit Sicherheit sein Bestes. Manchmal kommt es jedoch vor, dass das nicht reicht, es fehlt an Personal, an Geld und an Zeit. Trotzdem wird sie dort im Rahmen der Möglichkeiten gut betreut.

Mach Dir keine Vorwürfe. Du hast alles getan was Du konntest und tust es noch.

28.07.2021 19:59 • x 1 #5


E
So ein Blödsinn was du da redest ,er hat es doch selber gesagt, wie der Zustand seine Frau im Heim ist, das darf man doch nicht verheimlichen

28.07.2021 20:01 • x 1 #6


Kate
Zitat von Excellent66:
So ein Blödsinn was du da redest ,er hat es doch selber gesagt, wie der Zustand seine Frau im Heim ist, das darf man doch nicht verheimlichen

Emphatie 6 - setzen!

28.07.2021 20:03 • x 1 #7


E
Ich sitze nie nein ich stehe und zeige auf , und da wo Fehler und Not ist ,da ist es auch nötig

28.07.2021 20:05 • #8


E
Du schreibst doch selber da ist keine Zeit ,kein Personal usw

28.07.2021 20:07 • #9


E
lieber Ernest,

dein Bericht hat mich jetzt auch erschüttert. Nur an allem glaube ich, ist nicht der Staat schuld. Mein Schwiegervater

ist auch dement, er geht in die Tagespflege, und wird jetzt wieder gut behandelt. Meine liebe Frau putzt bei ihm

und seiner Frau.......................Früher als es noch keine Rente gab, waren die Kinder für die Pflege der älteren

Menschen zuständig. Heute schiebt man vieles auf den Staat ab, die eigene Karriere, das Geld wird immer wichtiger.

Und in Deutschland wollen die wenigsten Menschen Altenpfleger werden. Viele Dreckgeschäfte in Deutschland schiebt

man auf unsere ausländischen Mitbürgern ab...........................

Vielleicht könnte die Tochter dir mehr helfen. Das sie dich zu deiner Frau begleitet, und auch dir helfen kann. .............

Leben sollte immer wichtiger bleiben als Geld, der Mensch sollte nach wie vor im Mittelpunkt stehen.

Viele Menschen in Deutschland müssen mit der Depression kämpfen. Die Zahlen werden von Jahr zu Jahr

höher. Viele Ärzte und Therapeuten sind überfordert......................................................................................

Trotzdem möchte ich dir von Herzen wünschen, das du wieder Freude in deinem Leben empfinden darfst.

Leben ist leider nicht gerecht. Manche Menschen werden so gut wie nie krank, andere müssen ihr Leben lang

leiden..........................

Warum.................

Trotzdem, bleibe bitte bitte am Leben, für deine liebe Frau........................

Bitte deine Tochter, Verwandte, Kinder, Enkel dir zu helfen, und schäme dich bitte nicht.


viele, liebe Grüße an dich,

Frederick

28.07.2021 20:07 • x 2 #10


E
Das stimmt schon der Mensch ist in dieser Gesellschaft , immer weniger wert ,jeder Pfleger etwa hat nur wenige Minuten, um sich um eine Person zu kümmern , dazu gehört waschen und anderes ,es geht wirklich im Minuten tackt

28.07.2021 20:12 • x 1 #11


Kate
Zitat von Frederick:
Trotzdem, bleibe bitte bitte am Leben, für deine liebe Frau........................

Ich denke ja, in erster Line sollte man für sich am Leben bleiben und nicht für andere...man lebt ja schließlich auch nicht für andere. Und so eine Entscheidung ist völlig legitim und nie sinnlos. Für den Betreffenden macht sie immer Sinn. Deswegen bettelt man auch niemandem es nicht zu tun, man steckt nicht in seiner Haut, man weiß im Grunde fast nichts von den Gedanken eines anderen.

Meine Meinung

28.07.2021 20:19 • #12


Greta
Lieber Ernest,

zunächst einmal solltest du dich unbedingt an eine Pflegeberatungsstelle wenden. Die beraten auch zu allen finanziellen Themen hinsichtlich der Pflege. Pflegeberatungsstellen gibt es z.B. auch bei der Caritas oder dem DRK. Eventuelle Kosten hierfür übernimmt die Pflegekasse.

Von 830 Euro Rente noch 400 Euro für die Pflege zahlen zu müssen, erscheint mir deutlich zu viel.
Schau mal hier:
https://www.pflegeversicherung-tarif.de...%202013%29

Zitat von Ernest:
Ich muss von meiner Rente, etwas über Euro 830, noch Euro 400 für die Pflegekosten zuzahlen, dazu kommen noch die Zuzahlungen für Medikamente, Transport zum und vom Krankenhaus, Krankenhaus Aufenthalt, Fußpflege usw.

Bei deiner geringen Rente kannst du dich von den Zuzahlungen für Medikamente und Krankenhausaufenthalt befreien lassen.
Ansprechpartner hierfür ist die Krankenkasse.
Und wenn die Fußpflege medizinisch notwendig ist, zahlt auch das die Kasse. Mal beim Arzt fragen, ob er eine Verordnung ausstellt und ebenfalls bei der Krankenkasse erkundigen.

Der Schonbetrag von 5000 Euro gilt meines Wissen übrigens für jeden von euch, also 5000 Euro für deine Frau und 5000 Euro für dich!

Da sich der Gesundheitszustand deiner Frau dermaßen verschlechtert hat, solltest du unbedingt einen höheren Pflegegrad für sie beantragen.

Zitat von Ernest:
nicht zum Sozialamt betteln

Das ist kein betteln, sondern eine Leistung, die euch zusteht! Immerhin habt ihr ein lebenlang Steuern und Sozialabgaben bezahlt!

Bitte lass' dich unbedingt beraten!

Liebe Grüße und alles Gute
Greta

28.07.2021 20:44 • x 8 #13


Greta
Zitat von Ernest:
Wegen schwerer Depression bekam ich vom Hausarzt eine Überweisung zu Facharzt, nach zehn versuchen eine Termin zu bekommen habe ich es aufgegeben. Entweder es wurden wegen Überlastung keine Termine vergeben oder Wartezeit bis zu einem Jahr.

Du kannst deinen Hausarzt bitten, für dich beim Facharzt anzurufen. Dann geht's oft schneller.

Dann gibt es auch noch den Terminservice der Krankenkasse
https://www.krankenkassen.de/gesetzlich...erreichbar.

Schnelle Hilfe, um die Zeit bis zum Facharzttermin zu überbrücken, findest du bei den Beratungsstellen verschiedener sozialer Organisationen (Caritas, AWO etc.) oder beim Sozialpsychiatrischen Dienst deiner Kommune.

28.07.2021 20:51 • x 6 #14


E
Zitat von Greta:
Lieber Ernest, zunächst einmal solltest du dich unbedingt an eine Pflegeberatungsstelle wenden. Die beraten auch zu allen finanziellen Themen hinsichtlich der Pflege. Pflegeberatungsstellen gibt es z.B. auch bei der Caritas oder dem DRK. Eventuelle Kosten hierfür übernimmt die Pflegekasse. Von 830 Euro Rente noch ...

Jawohl so geht das, und eine Beschwerde bei der Pflegeleitung , wegen der nicht gebrachten Pflege Wundliegen und Abgehungert , eventuell auch anderes Pflegeheim , bei zu schlimmen Zuständen sogar Anzeige

28.07.2021 20:57 • x 2 #15


Stromboli
@Greta , vielen Dank für deine Antwort.
Dass sich die anderen User gegenseitig kritisieren, hilft ja Ernest nun wirklich nicht. Und alles noch schwarzer zu malen ebensowenig.
Es täte mir Leid, wenn er sich deswegen gleich wieder frustriert aus dem Forum verabschiedet.

28.07.2021 20:59 • x 4 #16


L
Zitat von Excellent66:
Jawohl so geht das, und eine Beschwerde bei der Pflegeleitung , wegen der nicht gebrachten Pflege Wundliegen und Abgehungert , eventuell auch anderes Pflegeheim , bei zu schlimmen Zuständen sogar Anzeige



ist halt die Frage, ob da die Kraft reicht . . .

28.07.2021 21:05 • x 1 #17


L
Zitat von Stromboli:
Es täte mir Leid, wenn er sich deswegen gleich wieder frustriert aus dem Forum verabschiedet.


Das wäre schade und nicht wünschenswert.

28.07.2021 21:07 • x 2 #18


Mare30
Lieber Ernest, ich drücke dich mal aus der Ferne, das ist nicht leicht, mit Demenz Kranken Menschen umzugehen.
Das tut weh, dabei zu zuschauen, wie ein geliebter Mensch verfällt.


Greta hat es toll geschrieben, hol dir Hilfe bei der Caritas, bei eurem Hausarzt.
Ohne Hilfe schaffst du es nicht.

Ich halte dir die Daumen, das du Hilfe und Unterstützung bekommst.

28.07.2021 21:10 • x 5 #19


A


Hallo Ernest,

x 4#20


Ernest
Es fehlt an Geld ? 4000,- Euro kostet die Betreuung in einem 2Bettzimme im Monat. Die Rendite des Betreibers muss stimmen.

29.07.2021 11:35 • x 1 #20

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