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Burnout, Angst - Wie geht es jetzt weiter?

A
Hallo Ihr Lieben,

ich lese jetzt schon einige Wochen hier. Ich habe so viele Fragen, verstehe vieles nicht und konnte meine Antworten nicht finden.

Kurz zu mir:
Ich bin 45 Jahre alt und vor ca 6 Wochen mit Schwindel, Herzrasen und akuter Atemnot auf Arbeit zusamengebrochen.
Seither bin ich krankgeschrieben und komme nicht umhin deswegen auch ein schlechtes Gewissen zu haben.
Die erste Woche der Krankschreibung war ich einfach nur furchtbar schwach, immer gleich außer Atem wenn ich nur ein paar Meter laufen musste und das Herz raste.
Dann fing die Angst an.
Angst vor der Chefin, Angst vor vielen Leuten, Angst allein mit den Hunden raus zu gehen, Angst vor Anrufen mit fremder Nummer (was ich auf meine Chefin zurückführe), Angst wie es weitergeht. Angst vor dem Autofahren ( ich bin so furchtbar schreckhaft)
Ich habe Angst!

Meine Hausärztin überwies mich an eine Psychaterin und diese schrieb mich bis morgen (1 Monat) krank. Der nächste Termin ist erste nächste Woche bei ihr und so musste ich eben in der Praxis bei der Spechstundenhilfe anrufen für eine Verlängerung.
Ich bekomme sie auch, aber ich habe Angst, dass ich nächste Woche keine Folgebescheinigung mehr erhalte.
Ich hab so eine Angst wieder auf Arbeit zu müssen, dass ich schon seit Sonntag wieder völlig durch den Wind bin.

Seit letzter Woche habe ich einen Psychologen. Er meinte, ich brauche Zeit und den Abstand zur Arbeit. Auch sieht er mich nicht wieder in dieser Firma anfangen. Zumindest wäre dies dann nicht für lange Dauer. Die Entscheidung läge aber natürlich bei mir.
Er sagte auch, ich solle mit meiner Psychaterin offen sprechen über die Krankschreibung. Schließlich gäbe es ja 78 Wochen von der Krankenkasse und diese solle ich auch nutzen, wenn nötig.
Sollte ich wirklich offen mit ihr sprechen? Vielleicht hält die Ärztin mich dann einfach nur für faul.
Oh Gott, ich hasse es um etwas bitten zu müssen.

Wenn nichts stressiges anliegt, fühle ich mich zu Hause, in meinem Reich eigentlich ganz wohl.
Ja, ich bin depressiv und kann mich zu kaum etwas motivieren. Ich kann nachts nicht schlafen und bin meist bis zum Nachmittag völlig kaputt. Aber die Angst ist hier nicht allgegenwärtig- außer es liegt etwas an wie einkaufen gehen, Arzttermin oder das allerschlimmste: auf Arbeit die Arbeitsunfähigkeit melden.

Ich zweifle dann den ganzen Tag. ab wann bin ich wieder gesund? Wie verläuft der Genesungsprozess? Bin ich wirklich krank, auch wenn man es mir nicht ansieht? Werden meine tiefen Augenringe je wieder verschwinden? Werde ich irgendwann wieder die Alte sein können?

Nach meinem Empfinden fing alles hauptsächlich vor 6 Jahren an. Ich pflegte meinen geliebten Paps 7 Monate und hielt seine Hand bis zu seinem letzten Atemzug. Unmittelbar danach kümmerte ich mich um Mom. Ihr Haus war nass. Sie musste ausziehen und das Haus komplett saniert werden. Dann wurde meine Oma zum Pflegefall. Auch um diese kümmerte ich mich bis sie starb. Ich löste ihre Wohnung anschließend auf und hoffte danach wieder frei zu sein. Doch der Job wurde immer chaotischer. .und dann kam Corona. . achja, ich bin im Lebensmittelhandel tätig.

Jetzt habe ich so viel geschrieben und dennoch ist nicht alles erzählt. sorry!

Jedenfalls kreisen die Gedanken ohne Ende.
Was ich so über Depressionen gelesen habe, scheint es viele verschiedene Formen zu geben.
Meine Welt ist aber nicht ganz schwarz, so wie ich oft lese. Ich stehe jeden Morgen auf, auch wenn es mir manchmal schwer fällt. Doch die Hunde müssen ja raus. Ich dusche jeden morgen ( ist fast zwanghaft- ich muss allen Schmutz von mir spülen eh ich in den Tag starte), ich trinke Kaffee- ein Frühstück bekomme ich derzeit nicht runter. Und dann. ja, dann sitze ich stundenlang nur vor dem Computer ohne Sinn und Verstand. Ohne Ziel. Am Nachmittag schaffe ich es dann endlich einige Basics im Haushalt zu machen. An guten Tagen koche ich auch was zum Abend. Da ich aber keinen Appetit habe, fällt es mir schwer überhaupt ein Gericht zu finden.
Jedoch halte ich alle Termine ein-immer!

Wie ist das bei euch? Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Seid ihr wieder zurück in den Job oder habt ihr euch was Neues gesucht? Wie funktioniert das dann mit der Krankschreibung?

Ich wäre euch unheimlich dankbar, wenn ihr mir wenigstens ein paar Fragen beantworten könntet.

Liebe Grüße
Amanda

07.04.2021 10:08 • x 6 #1


E
Hi Amanda,

ich muß jetzt kurz weg, meld mich aber später.
Vorab:
Du bist nicht. allein.
Das alles ist vielen von uns gar nicht unbekannt

Bis nachher!

07.04.2021 10:12 • x 4 #2


A


Hallo Amanda99,

Burnout, Angst - Wie geht es jetzt weiter?

x 3#3


Blume71
Herzlich Willkommen @Amanda99

@Resi schrieb es bereits: Du bist nicht allein. Hier werden Dich ganz viele verstehen und Du kannst in den Austausch gehen.

Sorge jetzt gut für Dich. Du hattest in der Vergangenheit einiges zu stemmen und brauchst jetzt einfach eine Pause. Was fühlt sich gerade gut an? Einfach nur aus dem Fenster schauen und einen Tee genießen, vllt?
Alles ist in Ordnung!

Gut, dass Du bereits ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hast.

Spazieren gehen hat mir auch gut getan (und tut es noch) bewusst in der Natur sein, sehen, riechen, sich von der Lebenslust der Hunde anstecken, vllt.

Vertraue darauf, es wird werden und geb Dir Zeit.
Sicherlich bekommst Du eine Krankschreibung und wenn es an der Zeit ist wieder zu arbeiten, wirst Du es spüren.

Liebe Grüße Blume

07.04.2021 10:44 • x 6 #3


Elliot
Hallo Amanda,
was du gerade erlebst klingt sehr vertraut, das kennen viele von uns. Um deine Krankschreibung solltest du dir erstmal keine Sorgen machen, die 4 Wochen sind das Maximum was deine Ärztin dir an einem Stück schreiben kann, und das hat sie auch gleich ausgenutzt. Und auf jeden Fall solltest du ehrlich mit ihr sein! Du hast viel erlebt in den letzten Jahren, und das zu verarbeiten wird Zeit dauern. Nimm sie dir, das hast du dir verdient.
Lg,
E.

07.04.2021 11:22 • x 6 #4


A
Danke ihr Lieben für eure Antworten!

Wird man irgendwann wieder der Mensch, der man mal war? Ich meine, werde ich je wieder Lust auf mein Hobby haben oder voller Enthusiasmus z.B. meine Schränke aufräumen oder Bock haben das Haus von oben bis unten aufzuräumen? Wird man danach, irgendwann, wieder leicht, frei und voller Abenteuerlust sich in das Leben stürzen? Freundschaften pflegen oder zu Großveranstaltungen gehen?
Mir war die letzten Jahre nie bewußt, dass ich von alle dem immer weniger gemacht habe. Theoretisch wollte ich ja gern, aber praktisch konnte ich mir irgendwann gar nicht mehr aufraffen.

Wie lange habt ihr gebraucht dafür?

LG Amanda

07.04.2021 13:06 • x 2 #5


Greta
Liebe Amanda,

dein Beitrag könnte auch von mir sein, denn ganz genau so ist habe ich mich gefühlt und fühle es auch jetzt noch oft.
Die Ängste, die Zweifel, die Fragen ... eins zu eins Meins.

Ich bin am 24.11.2020 zusammengeklappt, und danach ging erstmal gar nichts.
Schon vorher konnte ich nicht mehr schlafen, mich nicht mehr konzentrieren und zu nichts mehr aufraffen.
Nach meinem Zusammenbruch musste ich mich dann krankschreiben lassen. Immer wieder aufs Neue, und bei jedem Arzttermin habe ich mich so geschämt, weil es mir noch immer nicht besser ging.
Die Krankmeldung habe ich dann immer meiner Vertretung per Whatsapp geschickt und die AU-Bescheinigung dann per Post an die Personalabteilung. So habe ich es vermieden, mich den Fragen auszusetzen und mich wohlmöglich rechtfertigen zu müssen.
Zu Hause fühlte ich mich am Wohlsten und so habe ich nur zum Einkaufen und für die Arzttermine die Wohnung verlassen.
Meine Pflichttermine habe auch ich immer eingehalten; um private Termine habe ich mich allerdings meistens gedrückt ... die waren mir einfach zu anstrengend.
Daheim saß ich meistens vor dem PC, googelte meine Erkrankung und las und schrieb hier im Forum. Oder ich saß vor dem Fernseher. Nachmittags schlief ich. Im Haushalt schaffte ich nur das nötigste, und das auch nur in ganz kleinen Schritten.

Ich war ungeduldig mit mir selbst und fragte mich ständig, wann es wohl wieder besser sein würde mit mir.
Es hat einige Wochen gedauert, bis ich endlich eine kleine Veränderung spürte. Ich glaube das erste war, dass ich mich eines morgens ausgeschlafen fühlte. Danach kamen gleich wieder eine Reihe schlechter Tage, aber ganz langsam wurden auch die guten Tage mehr.
Auch die Lust, etwas anderes zu tun als nur PC und TV, kam nur ganz allmählich zurück.
Damit ich nicht das Gefühl hatte, überhaupt nichts mehr zu schaffen, habe ich mir jeden Tag aufgeschrieben, was ich alles getan habe; jede Kleinigkeit, angefangen vom Aufstehen übers Duschen, Zähneputzen, Kaffeekochen, Frühstücken... einfach ALLES. Da hatte ich abends dann doch eine ordentliche Liste zusammen.

Mein Therapeut riet mir, mich mit dem Krankheitsbild der Depression zu beschäftigen, vor allem mit den Stoffwechselzusammenhängen im Gehirn. Dabei habe ich verstanden, dass ich nicht verrückt bin, sondern dass auch die Depression im Prinzip eine organische Ursache hat, die sich nunmal leider auf das seelische Empfinden auswirkt.
Seit mir das klar ist, gehe ich auch nach außen recht offen mit meiner Erkrankung um.

Meine Neurologin verschrieb mir Sertralin. Das hat mich aus dem tiefen Loch geholt bzw. dafür gesorgt, dass es nicht noch schlimmer wurde. Für mich ist es allerdings nur eine Krücke; helfen tut mir vor allem die Zeit, mein Therapeut, die eigene Akzeptanz und ein gehöriges Maß an Selbstfürsorge.

Zitat:
ab wann bin ich wieder gesund? Wie verläuft der Genesungsprozess? Bin ich wirklich krank, auch wenn man es mir nicht ansieht? Werden meine tiefen Augenringe je wieder verschwinden? Werde ich irgendwann wieder die Alte sein können?


Leider kann man nicht wirklich voraussagen, wann du wieder gesund sein wirst. Es ist nun mal kein gebrochenes Bein
Der Genesungsprozess verläuft bei jedem anders, denke ich.
Ganz wichtig finde ich, dass du dir ausreichend Zeit nimmst und dich nicht selbst unter Druck setzt, schnellstmöglich wieder fitt sein zu müssen. Dann wirst du irgendwann kleine Veränderungen wahrnehmen. Vielleicht schläfst du wieder besser, oder der Appetitt kommt zurück, oder du spürst plötzlich wieder richtig Lust, irgendwas zu tun. Bei mir war's das Brotbacken.
Eines Tages wollte ich unbedingt Brot backen und hatte richtig Freude daran.
Anfangs wird es Rückschläge geben; nach einem guten Tag können weitere schlechte folgen.
Wenn du jedoch geduldig mit dir bist und dir die Zeit gönnst, die du brauchst, dann werden die guten Tage mehr.
Höre auf dein Gefühl, dann kannst du nichts falsch machen.
Die Krankheit, ihr Verlauf und die Genesung sind ganz individuell und wenn du deiner inneren Stimme folgst, kannst du nichts falsch machen.

Erstmal hast du Anspruch auf sechs Wochen Lohnfortzahlung und 72 Wochen Krankengeld. Du kannst dir also Zeit lassen.
Ob zurück in den Job oder was ganz Neues ... wenn es dir irgendwann wieder besser geht, wirst du spüren, was richtig für dich ist. Aber erst einmal geht es nur ums Gesundwerden! Denn weder das alte noch das neue schaffst du auf die Dauer, wenn du nicht fitt bist.

Ich selbst habe mich die ersten zwei Monate meiner Krankschreibung überhaupt nicht im Büro blicken lassen und auch nicht mit den Kollegen telefoniert. Mir war das alles einfach zu viel. Irgendwann hatte ich dann Lust, mal kurz vorbei zu schauen, was ich dann auch tat. Es war nur ein kurzer Besuch, aber danach ging es mir erst einmal wieder deutlich schlechter.
Ein Zeichen für mich, dass es noch zu früh war, um wieder arbeiten zu gehen.
Vor ungefähr vier Wochen spürte ich dann erstmals den Gedanken: Jetzt so zwei Stunden Büroarbeit wären ganz nett.
Da fing ich dann an, über eine Wiedereingliederung nachzudenken.

Seit gestern arbeite ich nun wieder, zunächst für drei Stunden täglich. Ich probiere es einfach und versuche weiterhin, mir keinen Druck zu machen. Dabei hilft mir die Gewissheit, dass ich die Wiedereingliederung jederzeit anpassen oder gar abbrechen kann, wenn es mir wieder schlechter geht. Da habe ich dann auch keine Skrupel und kein schlechtes Gewissen.
Auch habe ich mich über Alternativen informiert, also Schwerbehinderung, Rente etc., habe also einen Plan B, wenn ich das volle Arbeitspensum nicht mehr schaffe.

Mein Fazit:
Auf die innere Stimme achten. Alles unterlassen, was sich nicht wirklich gut anfühlt (klappt bei mir leider auch noch nicht immer). Den inneren Kritiker verbannen! Unterstützung suchen bei Ärzten und Therapeuten (du bist nicht die einzige und die kennen das!), bei Freunden, hier im Forum ... Selbstfürsorge (Was brauche ich in diesem Moment?) ...

Ohje, ich mach jetzt mal einen dicken Punkt. Sooo viel Text. Sorry!

Liebe Grüße
Greta

07.04.2021 13:26 • x 9 #6


E
Zitat von Amanda99:
Wird man irgendwann wieder der Mensch, der man mal war?

Ich hoffe doch nicht.
Denn dieses Verhalten hat uns ja in den BO geführt, d. h. es sind viele (Ver-)Änderungen nötig.
Zitat:
zu Großveranstaltungen gehen

Steht jetzt eh nicht an

Ich bin nicht mehr die, die ich mal war.

Zitat:
Angst vor der Chefin, Angst vor vielen Leuten, Angst allein mit den Hunden raus zu gehen, Angst vor Anrufen mit fremder Nummer (was ich auf meine Chefin zurückführe), Angst wie es weitergeht. Angst vor dem Autofahren ( ich bin so furchtbar schreckhaft)
Ich habe Angst!

Ich kann das soooo gut verstehen
Ich hatte Angst vor Kurven, Angst davor, am Berg anzufahren, Angst vor entgegenkommen Autos-und ich war jedesmal platt, wenn ich bei meiner Thera ankam, weil ich dazu über eine Brücke fahren mußte.

Ich hatte Probleme beim Gehen, Sprachstörungen und Angst vor jeder Schneeflocke.

Ich mußte mich echt zurückkämpfen- aber laß dir Zeit.
Zeit ist ein ganz wichtiger Faktor!

Ich selbst war fast ein Jahr zuhause in der Arbeitsunfähigkeit.

07.04.2021 13:29 • x 6 #7


Heideblümchen
Hallo @Amanda99 und alle anderen.
Schön, dass du dich mit deinem Problem hier gemeldet hast und, wie du ja schon gelesen hast, dein Problem betrifft viele von uns hier.
Ich kann deine Angst verstehen, dass du denkst, Ärzte, Fachärzte, Arbeitgeber etc. würden dich für faul halten, weil du krank gemeldet bist. So habe ich das auch damals gesehen. Das ist leider der Druck, den wir uns selber auferlegen. Immer funktionieren, immer da sein für andere, nie an sich denken und dann.....melden sich Körper und Geist mit Nachdruck und man macht eine - oft schmerzhafte - Vollbremsung!

Du hast viel hinter dir in den letzten Jahren. Das hinterlässt Spuren. Und es ist dein gutes Recht, DIR jetzt mal eine Auszeit zu gönnen. Es ist keineswegs schlimm, den Ärzten zu erzählen, wie es dir aktuell geht. Und genau das solltest du auch tun und ehrlich zu dir und den Ärzten sein. Hältst du deinen wirklichen Zustand hinterm Berg, kann dir keiner helfen. Erzählst du offen darüber, wie es dir geht, was du hinter dir hast, wie dein Tag aussieht, was für Ängste du hast, dann können alle Fachleute das viel besser einschätzen und dir die nötige Ruhe verordnen.
In meinem Fall hat es nicht ohne Medikamente bzw. ohne einen Klinikaufenthalt funktioniert. Wobei ich den 2monatigen Aufenthalt in der Klinik rückblickend als sehr wichtig, sehr hilfreich und teils auch sehr schön empfunden habe. Ich konnte mich mal komplett aus dem Leben zurück ziehen, aus all der Hektik, des ständigen präsent-sein-müssens. Mir und meiner Familie hat es gut getan, mal eine zeitlang aus dem Verkehr gezogen zu werden. In diesen 2 Monaten habe ich neue Kraft getankt, meine teils chaotischen Gedanken sortiert und ich konnte mir darüber klar werden, was ich künftig will und was nicht. Auch arbeits-technisch. Wobei mir mein Arbeitgeber die Entscheidung abgenommen und mir gekündigt hatte. Aber das war okay und für mich - rückblickend - eine Erleichterung. So konnte ich über eine Maßnahme über das Kolpingwerk für Bildung und Integration an einer Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben teilnehmen und mir während der Maßnahme Gedanken machen, was ich künftig, auch beruflich, machen möchte.
Dort wurden mir und den anderen Teilnehmer*innen die Augen geöffnet, in welchem Hamsterrad wir uns eigentlich befinden. Und dass es die Möglichkeit gibt, in ganz andere Berufe reinzuschnuppern, die einem Spaß machen könnten, die leidensgerecht sind und mit denen man noch mal völlig neu durchstarten könnte. Auch mit Ü40 und älter!

Du stehst gefühlt noch ganz am Anfang. Aber du hast den ersten Schritt gemacht und dir Hilfe gesucht und das ist bewundernswert, ganz ehrlich! Weiter so. Und nimm alles mit, was man dir anbietet und was du dir für dich selber vorstellen kannst.
In einer Depression einschneidene Entscheidungen zu treffen kann sehr gefährlich sein. Also überstürze nichts und denk über alles in Ruhe nach. Lass dich nicht stressen. Mach, was dir gefällt, worauf die Bock hast und wenn nicht, dann eben nicht.

Und um auf deine Frage zu antworten: in meinem Fall: nein, ich bin nicht mehr die, die ich vorher war. Ich bin, so sagen es mir zumindest meine liebsten Familienangehörigen, schwieriger geworden. Kontrollierter, übervorsichtig, überfürsorglich, bemutternder. Weil mir all das eine gewisse Sicherheit gibt, eingreifen zu können, nicht den Halt zu verlieren. Eine Aufgabe zu haben. Ich bin auch nicht mehr so unbeschwert wie früher (früher ist jetzt 2 Jahre her), sondern nachdenklicher. Ja, ich bin anders geworden und auch mir sieht man die schwierige Zeit, die hinter mir liegt, inzwischen an. Das stört mich aber nicht wirklich, denn jede Furche, jede Falte erzählt eine Geschichte und gehört zu meiner Persönlichkeit. So, wie man Schwangerschaftssteifen bekommen kann, die die Geschichte einer anstrengenden Zeit erzählen, sieht man mir an, was ich erlebt habe.

Auf jeden Fall gibt es sicher mehr Hilfe als du dir im Moment vorstellen kannst. Du musst sie nur annehmen (können), und das kann man lernen, tatsächlich! Und vielleicht tut es dir gut, hier ab und an zu berichten, wie es dir geht, wenn du Fort- aber auch Rückschritte machst. Fast alle hier können gut nachvollziehen, wie es dir geht, auf die eine oder andere Weise.
Auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten, kleinen Schritt! ...... Alles Gute für dich!

07.04.2021 13:31 • x 6 #8


A
und nun heule ich....

oh man, ihr seid so lieb und das erste mal fühle ich mich wirklich verstanden. Danke!

Ja, der Therapeut hat mich auch verstanden und die Psychaterin auch. Trotzdem mache ich mir natürlich Sorgen wie es weitergeht, denn ich kann auf gar keinen Fall und nie wieder in meinen alten Job zurück.
Auch wenn das alles eine Vorgeschichte hat, so ist der schlimmste Teil bei mir wohl die Arbeit...ach nee, meine Chefin.
Die Arbeit hat mir schon Spass gemacht, so lange sie noch zu schaffen war....

Ich versuche, mir keinen Druck zu machen, aber eigentlich habe ich bei allem was ich NICHT mache ein schlechtes Gewissen....der Staub auf den Möbeln, die Wäsche vor der Maschine, die schmutzigen Fenster und vor allem die Hunde, die nur in den Garten können, weil ich einfach in meiner Wohngegend nicht raus mag. Schon der Gedanke daran beschehrt mir starkes Herzklopfen.

Aber es beruhigt zu wissen, dass die Lust auf die Dinge von allein irgendwann wiederkommen können. Dann bin ich wohl momentan doch noch nicht fit.
Ich frage mich aber trotzdem oft, ob ich nicht einfach nur faul bin.

Naja, ich hatte auch erst eine Therapiestunde.

Ist es bei euch auch so, dass ihr nach der Therapie total aufgewühlt seid? Mein Kopf war letzte Woche abwechselnd voll und leer und tatsächlich habe ich auch gezweifelt, ob meine Antworten alle richtig waren.
Ich konnte bei den Fragen oft nicht unterscheiden, ob er das hier und jetzt, die Zeit vor dem Zusammenbruch oder die Zukunft meinte.
Z.B. Habe ich finanzielle Ängste...im Moment ja nicht. (ich hab mit nein geantwortet) Mein Mann tut wirklich alles um mich zu beruhigen. Aber zukünftig sieht das anders aus. Langfristig habe ich schon Angst. Die Jobs werden insbesondere durch Corona ja nicht übermäßig da sein. Und überhaupt, ich kann eigentlich auch nicht viel. Ich war schon immer nur im Handel.

Gute Tage, schlechte Tage....danke, das ist auch so ne Sache.
Es gibt sie also doch!
Ich hatte eine Depression so verstanden, dass es immer nur grau ist, bis es allmählich heller wird und die Sonne irgendwann wieder scheint. Und an guten Tagen frage ich mich oft, ob es überhaupt eine Depression ist.
Aber die Antwort habe ich nun. Danke

Ich muss jetzt erstmal zur Therapie.

bis später
Amanda

07.04.2021 13:58 • x 4 #9


E
Gibt es niemanden, der mit den Hunden gehen könnte?
Was ist mit deinem Mann?
Ich meine, wenn der morgens und abends ne Runde gehen könnte wäre schon viel getan.
Das müßte er auch, wenn du wegen Herzinfarkt im Krankenhaus liegst, oder?

Zeit, dich ernst zu nehmen, liebe Amanda!

Ich kann sehr gut nachvollziehen, wenn du es nicht leiden kannst, wenn keine Ordnung in deiner Umgebung ist.
Würde es dir helfen, wenn du dir einmal die Woche für ein paar Stunden eine Hilfe holst?

Nochmal:
Wärst du im Krankenhaus müßte man da auch tätig werden

Zitat:
Und überhaupt, ich kann eigentlich auch nicht viel. Ich war schon immer nur im Handel.

Nur?
Was hast du da gemacht?
Ich war auch lange Zeit im Handel- erst jahrelang selbstständig, dann angestellt und jetzt bin ich eine (sehr schlecht bezahlte(das ist ein anderes Thema ) Bürokraft, die eng mit der Geschäftsleitung zusammenarbeitet, Verantwortung für die Azubis hat, Controlling macht, etc.
Damit will ich sagen:
Es gibt immer neue Perspektiven, auch in Zeiten von Corona.

Aber das ist jetzt gar nicht dran.

Jetzt ist wichtig, daß du dich ernst nimmst, dich und deine Erkrankung.

07.04.2021 14:11 • x 6 #10


Heideblümchen
Schön, dass du heute (d)einen Therapietermin hast! Und heulen befreit auch!
Zitat von Amanda99:
habe ich auch gezweifelt, ob meine Antworten alle richtig waren.

Amanda, es gibt keine richtigen Antworten. Es sind deine Antworten auf seine Fragen und wenn du sie nicht verstehst, darfst du immer auch nachfragen. In meinen Sitzungen mit meiner Psychologin gibt es in meinem Erzählungen z.B. immer ein früher oder vor der Depression und dann ein heute oder aktuell. Das ist insofern wichtig, dass man die Unterschiede erkennt und lernt, damit umzugehen und auch, sich darauf einzulassen und umzudenken. Aber auch, um die Fortschritte zu sehen!

Zitat von Amanda99:
Ich hatte eine Depression so verstanden, dass es immer nur grau ist, bis es allmählich heller wird und die Sonne irgendwann wieder scheint.

In einer .... ich sag mal akuten Phase der Depression ist oder scheint tatsächlich erst mal alles Grau in Grau. Ich habe das mal gemalt in Form eines Tunnels, der im Nebel liegt. Nach der Therapie und einige Wochen nach meinem Klinikaufenthalt habe ich das Bild übermalt und den unteren Rand des Nebels weiß übertüncht, denn er hatte sich merklich gelichtet.
Es ist unglaublich schwer, in so einer Phase überhaupt Licht zu sehen. Diese ständige Reizüberflutung, diese Gedanken-Karussell-Fahrten, dieses nicht-weiter-wissen, sich selber schlecht fühlen....all das gehört leider dazu, aber ja, mit der richtigen Behandlung, viel Geduld, Mitarbeit, Zuspruch (den du ja gottlob von deinem Partner zu bekommen scheinst), wird es tatsächlich irgendwann auch wieder heller, der Mut kommt zurück, die Pläne sind nicht mehr verworren und nehmen eine gesunde Form an.

Was vielen und auch mir hier geholfen hat, sind Notizen. Darüber, wie es mir täglich geht. Positives, was man am Anfang als gar nicht gegeben empfindet, kommt langsam wieder und lässt sich aufschreiben. Immer ein bisschen mehr. Denn es freut einen, zu sehen, dass es auch wieder Dinge gibt, über die man sich freuen kann.
Außerdem kleine Zettel mit noch kleineren Aufgaben. Nicht zuviel auf einmal. Staub, Haushalt....das kann warten und MUSS nicht jetzt sofort erledigt werden. Vielleicht kannst du deinen Partner auch mit einbinden, dass er dir hilft. Zusammen macht es vielleicht auch ein bisschen mehr Spaß. Und die Hunde bringen dich zumindest dazu, mal raus zu gehen, auch wenn es nur eine kleine Runde ist. Ansonsten kann man auch versuchen, eine Entlastungskraft zu engagieren. Oder eine ambulante psychiatrische Pflege. Ich habe die 6 Wochen genossen, als diese Frau 2 x die Woche bei mir war und einfach nur mit mir gesprochen und sich fachkundig mit mir über meinen aktuellen Zustand unterhalten hat.

Ich kann mich erinnern, dass ich z.B. die ersten 2-3 Wochen in der Klinik ständig in Tränen ausgebrochen bin. Bei jeder Kleinigkeit und ich kam mir so doof dabei vor. Dabei war das doch so befreiend und hat den Druck ein bisschen gelockert. Endlich konnte ich mal loslassen und rauslassen, was mich bedrückt.

Zitat:
Und überhaupt, ich kann eigentlich auch nicht viel. Ich war schon immer nur im Handel.

Auch das ist eigentlich typisch depressiv. Ich kann eigentlich nichts, ich belaste nur. Garantiert stimmt das so nicht, liebe Amanda! Du brauchst einfach nur mal eine Auszeit, um wieder zu Kräften zu kommen, tief durchzuschnaufen und an DICH zu denken.

Und was deinen Job angeht: mach nichts unüberlegtes. Sprich deine Pläne mit deinem Partner durch. Ich habe während meiner depressiven Phase völlig kopflose und unüberlegte Pläne geschmiedet und auch teils durchgezogen, über die ich heute den Kopf schüttel und die ich mit meinem Partner nicht durchgesprochen hatte, was ihn widerum sehr enttäuscht und verwirrt hat. Erst nach und nach habe ich wieder einen klaren Weg gesehen, wo ich hinwill und was ich garantiert nie wieder will (beruflich gesehen). Heute habe ich einen Job, der mir Spaß macht, bei dem ich weniger verdiene, als andere in vergleichbaren Jobs, aber ich kann relativ stressfrei arbeiten, mein Chef hat Verständnis für meine Situation und auch dafür, dass ich für manche Dinge/neue Aufgaben, die mich im ersten Moment erschrecken und eine Panik auslösen, einfach ein bisschen länger brauche, bis ich sie verstehe.
Geh einfach einen Schritt nach dem anderen. Um einen neuen Job würde ich mir derzeit noch keine Gedanken machen. Da heißt es jetzt: Prioritäten setzen. Erst mal um dich und deine Genesung kümmern und mit zunehmenden Kräften kannst du immer noch schauen und dich beraten lassen, was du künftig machen willst. Dazu gehört auch zum Beispiel, ggfs. einen Grad der Behinderung (GdB) geltend zu machen. Mir hat zum Beispiel gehofen, dem VdK beizutreten, um den GdB mit einem Anwalt durchzusetzen.
Und mit jedem Tag und vielleicht auch, indem du dich hier austauschst, kommst du besser klar mit alle den Facetten der Krankheit und lernst, damit umzugehen, die Gefühle rundrum richtig einzuordnen, die Tiefs als gegeben und hoffentlich nicht allzu bedrohlich hinzunehmen und die dann vermehrten Hochs einfach zu feiern!

07.04.2021 14:38 • x 5 #11


Elliot
Hi Amanda,
ich habe den anderen nicht mehr viel beizufügen, nur so viel:
Nimm den Burn-Out als Chance an, und nicht als Gegner. Das hat mir sehr geholfen. Ich habe Dinge geändert, die ich mich sonst vielleicht nie getraut hätte. Und so wirklich durch wirst du mit dem Thema nie sein, da finde ich den Vergleich mit den Spuren von @Heideblümchen sehr schön.
Zitat:
Ich hatte eine Depression so verstanden, dass es immer nur grau ist, bis es allmählich heller

Depressionen haben viele Gesichter, Traurigkeit z.B. ist nur eines von vielen Erscheinungsbildern. Und gute und schlechte Tage gab es schon immer, nur nimmst du sie jetzt eher war.

07.04.2021 14:45 • x 6 #12


A
Guten Morgen ihr Lieben,

puh, Therapie fand ich gestern echt anstrengend. Hat mich ganz schön geschlaucht.
Schlafen konnte ich auch wieder nicht.

Liebe @ Resi,
Danke für deine unterstützenden Worte.
Nein, mein Mann kann die Hunde nicht auch noch übernehmen. Er arbeitet schon echt viel( selbstständig), und die Hunde ( Brust) hätten zu seinen
zu Hause-Zeiten noch keine Lust oder aber keine Lust mehr. Zudem sind die beiden so sehr auf mich fixiert, dass sie mit keinem anderen ohne mich mitgehen.Dies würde aber funktionieren, wenn ich wirklich nicht da wäre(z. B. Krankenhaus).
Nein, ich werde meine Mom fragen, ob sie mit mir und den Hunden gehen mag. Ihr täte es vielleicht auch ganz gut und sie hätte wieder eine Aufgabe...warum bin ich da nicht schon eher drauf gekommen?

Liebes @ Heideblümchen,
das Grau....der Nebel... so wie du es beschreibst, lebe ich vielleicht schon viel länger in der Depri als ich dachte....
1 oder 2 Jahre vielleicht schon...*grübel*
Mit dem Aufschreiben wie es mir geht- Schreibt man da nur das Positive auf?
Meine Ergotherapeutin hat mir dies empfohlen und ich habe es auch versucht, aber ich fand an dem meisten Tagen einfach nichts Positives und habe wieder damit aufgehört.
Zettel für kleine Aufgaben machte ich mir schon. Aber da sagt die Ergo und gestern auch der Psychologe ich solle erstmal damit aufhören und mich einfach nur um mich kümmern. Kein Druck, keine Aufgaben...nur so wie ich es gerade kann und möchte.
Ich muss dazu sagen, dass ich bis vor der Erkrankung ein Talent war immer viele Dinge gleichzeitig zu tun. Ich habe jeden Handschlag mit möglichst vielen weiteren verbunden um so effektiv wie möglich zu sein. Z. B. während ich Zähne putze, habe ich das Waschbecken gereinigt, während ich mich im Bad zurecht macht, gefrühstückt. Wenn ich von A nach B mit dem Auto unterwegs war, verband ich gleich Post, Zooladen und Bäcker. Telefonieren nur mir Kopfhörern, damit ich nebenbei die Wäsche machen konnte....
Abends im Bett plante ich die wichtigsten Punkte für den Folgetag und machte mir gern auch Zettel, damit ich nichts vergesse.

Der Therapeut meinte gestern auch, ich solle jetzt keinesfalls mich auf dem Arbeitsmarkt umsehen. Erstmal Auszeit! Alles weitere findet sich später.
Das fand ich tatsächlich gut. Er gab mir jetzt auch ein Zeitfenster mit dem ich etwas anfangen kann und mir selbst die Möglichkeiten geben kann etwas runterzufahren und den Druck rauszunehmen.

Lieber @elliot,
anfangs abe ich den Burnout regelrecht gehasst. Der Zusammenbruch hat mir mit einem Schlag mein gewohntes Leben genommen, mich aus meinem Hamsterrad geworfen, meine letzten sozialen Kontakte ( Kollegen und Kunden) außerhalb meiner Familie geklaut und mich in meiner Freiheit und persönlichen Selbstständigkeit eingeschränkt.
Ja, mein Leben fühlt sich gerade verdammt kaputt an. Aber immerhin kann ich jetzt wieder schreiben. Ich habe es immer geliebt. Doch die erste Zeit nach dem Zusammenbruch brachte ich kein einziges lesbares Wort aus der Tastatur. Mein Gehirn funktionierte nicht, meine Finger folgten nicht.
Mittlerweile weiß ich, dass es so kommen mußte. Ich wäre niemals aus freien Stücken zum Arzt gegangen. Ich hätte niemals eine Krankschreibung akzeptiert. Und ich hätte nie etwas geändert, weil ich einfach dazu schon keine Kraft mehr hatte.
Und somit versuche ich es jetzt als Chance zu sehen, auch wenn es mir unwahrscheinlich schwer fällt es als Krankheit zu sehen.

LG Amanda

08.04.2021 08:08 • x 2 #13


A
Zitat von Amanda99:
und die Hunde ( Brust) hätten zu seinen


Ich weiss nicht, was passiert ist...in Klammer hatte ich die Rasse meiner Hunde geschrieben....sicherlich ein Forenfilter.
Dann umschreibe ich es eben: Die Rasse ist klein, kompakt, hat ne platte Schnauze und eine Ringelrute.

08.04.2021 08:54 • x 1 #14


Blume71
Guten Morgen, jetzt musste ich schmunzeln, als ich die Hundebeschreibung las. Vielleicht ein M.o.p.s?

So kann man den Filter austricksen.

Ich muss zugeben, mir wurde fast schwindelig als ich las, was Du alles mit Multitasking geleistet hast.

Jetzt ist es an der Zeit, das Ausruhen versuchen zu genießen. Mir hat es gut getan, bewusst im Moment zu sein. Der Biene bewusst hinterher zu schauen zB oder zuzugucken wie die Wolken ziehen. Sich an der Natur erfreuen usw.
Vielleicht wäre das auch was für Dich.



Einen guten Tag für Dich.

08.04.2021 09:30 • x 1 #15


A
Liebe @ Blume,

ja, die Rasse ist so richtig. Und wieder hab ich was gelernt...

Multitasking musste ich mir aneignen, denn aus irgendwelchen Gründen war mein Tag immer zu kurz. Nie habe ich geschafft, was ich eigentlich hätte schaffen müssen/ wollen. Und mir war auch eigentlich nie klar warum das so ist.
Mein Mann erklärte es mir oft, mein Sohn auch, aber natürlich winkte ich ab. Ich wollte es wohl nicht verstehen.

Der Knackpunkt war eigentlich, dass ich jeden Tag eine andere Arbeitszeit hatte und aus 30 Wochenstunden oft auch 40 wurden und selbst da schaffte ich die Arbeit auf Arbeit nicht, also nahm ich sie noch mit nach Hause.
Mit den ständig wechselnden Schichten musste ich also auch meine Woche privat schon im Vorfeld planen. Einkaufen und andere Erledigungen. Die machte ich am liebsten vormittags und nicht wenn alle nachmittags gingen. Da braucht man ja auch länger, weil man oft anstehen muss und man glaubt es kaum, die Regale waren auch nicht mehr so gut gefüllt.
Ich hasse es, wenn ich einen Artikel nicht bekomme, denn natürlich war auch jeden Tag schon das Essen geplant. Und wenn es etwas nicht gab, dann musste ich umplanen oder in der Woche nochmals einkaufen oder woanders eben.

Wenn ich meine Zeilen so lese....hm... wird mir auch schwindlig. Vielleicht muss man es aufschreiben um zu begreifen...

Und eigentlich tut es mir auch jetzt leid, dass ich gewisse Multitaskingfähigkeiten auch von meinen Mitarbeitern erwartete....auweia...

Und du wirst es nicht glauben @ Blume, ich habe es trotzdem noch geschafft einen schönen Sonnenuntergang zu bewundern, den Raben zuzusehen, wie sie meinen Hunden die Leckerlies klauten oder einfach im Hundepool ein Bad nahmen.

LG Amanda

08.04.2021 13:04 • x 3 #16


Blume71
Ja - genau - und der letzte Satz sind die Momente wo die Seele auftanken darf.

Vielleicht sollten sie noch öfter sein.

08.04.2021 13:26 • x 1 #17


A
Guten Morgen,

so, heute gehts mir wieder etwas besser. Dennoch brauche ich eure Meinungen.

Wie ich schon geschrieben hatte, ist MEIN größtes Problem meine Arbeit. Ich habe furchtbare Angst da wieder hin zu müssen.
Ich bin mittlerweile seit 7 Wochen krankgeschrieben, 5 davon bei einer Psychaterin.

Der 1. Besuch bei der Psychaterin war so weit ok, sie schrieb mich für 4 Wochen krank, dann sollte ich wieder kommen. Den Termin dafür bekam ich bei den Schwestern aber erst 5 Wochen später.
Weil ich nun bei den Schwestern 1 Woche verlängern musste, war ich schon furchtbar aufgeregt. Ich konnte nur noch weniger schlafen und hatte wieder mehr schlechte Tage. Aber das klappte. und ich beruhigte mich wieder für 3 Tage. Doch dann 3 vor dem Arzttermin ging es mir richtig schlecht. Ich war wieder kurzatmig und das Herz raste nonstop...
Nun war ich Mittwoch bei der Ärztin.
Und das Gespräch lief so:

Ärztin: Wo arbeiten Sie noch mal?
ich: da und da
Ärztin: Und wie viele Stunden?
ich: 30
Ärztin: Wenn Sie am Wochenende arbeiten, haben Sie in der Woche frei, oder?
ich: normalerweise ja
Ärztin: T´schuldigung, ich habe Ihre Patientenakte nicht hier...
Wie geht es Ihnen ?
ich: nicht so gut im MOment

und dann bekam ich eine Panickattacke...

Nach dem ich das einigermaßen überstanden hatte, schickte sie mich erstmal raus zum durchatmen.

Anschließend war ich völlig erschöpft und konnte mich gar nicht mehr recht erklären.

Sie fragte, ob ich die Medi´s nehme und ich verneinte. Das Neuroleptika verursacht bei mir Nebenwirkungen mit denen ich nicht klar komme und das Antidepressiva hat Nebenwirkungen, welche ich ohnehin schon ausreichend von selbst habe.

Sie meinte, ich MUSS die aber nehmen, sonst muss sie mich zur Medikamenteneinstellung einweisen!
Ich lehnte sofort eine Einweisung ab!
Dann meinte sie, ich solle die Medis noch mal versuchen, ich lehnte das Neuroleptika nochmals ab. Sie verschrieb mir was anderes.
Wenn ich das jetzt nicht nehme, überweist sie mich in eine ambulante Tagesklinik.

Ich versuchte ihr zu erklären, dass ich doch auch gute Tage hatte und ich muss zu Hause doch auch wohl fühle.
Aber da kam keine Reaktion und ich gab auf.

Ich kann und will in keine Tagesklinik! Aber das zu sagen, fehlte mir nun ganz die Kraft.

2 Wochen Krankschreibung und neuer Termin war ihre Ansage ( nicht so unhöflich wie es klingt, ich will mich nur kurz fassen)

2 Wochen? Erneut packte mich Panik...diesmal ohne Attacke. Nein, bitte schreiben Sie mich 4 Wochen krank. Ich kann mich nicht dauernd bei meinem Arbeitgeber melden!

Sie schaute m ich verwundert an und schrieb mich 4 Wochen krank und in 2 muss ich wieder hin.

Völlig fertig verließ ich die Praxis. Ich fühle mich bedroht und in der Falle.
Der Therapeut sagte, ich brauche Zeit und die Ärztin meint, in dieser langen Zeit ( 5 Wochen) müsste es besser sein.

Nun hab ich auch noch Angst vor dem nächsten Arzttermin...
Ein Wechsel soll wohl nicht ganz einfach sein. Zumal ich ja dann auch nur nicht weiß wo ich lande.

Mit dem Antidepressiva hab ich gestern angefangen, obwohl ich immer noch dagegen bin. Aber das Neuroleptika möchte ich definitiv nicht nehmen. Was ich da an Nebenwirkungen lese, ist heftig und ich hatte, außer im Notarztwagen, noch nicht mal eine echte organische Untersuchung.
Ich bin überzeugt, ich würde es mit ausreichend Zeit und der Ergo- und dem Psychologen auch ohne Medis schaffen wieder fit zu werden. Ich versuche ja auch schon einiges in meinem Leben bewußt zu ändern bzw. plane Änderungen.
Aber mit diesem Druck der Ärztin komme ich jetzt gar nicht klar.


Also was mache ich jetzt? bitte helft mir!

16.04.2021 07:28 • x 1 #18


Elliot
Hallo Amanda,
puh, ist echt schwer, aus der Ferne Ratschläge zu geben, darum möchte ich es auch gar nicht erst versuchen. Meine Einstellung zu Antidepressiva aber z.B. ist folgendes: Wenn ich an einer Schilddrüsen- oder Herzerkrankung leiden würde hätte ich kein Problem, entsprechende Medikamente zu nehmen. So sehe ich es auch bei Antidepressiva: Ich bin krank, und sie können mir helfen. Also nehme ich sie. Dass man eingestellt werden muss ist klar, und in dieser Zeit können die Nebenwirkungen tatsächlich die Symptome erst einmal verstärken, aber in meinem Fall hat es sich gelohnt, dies durchzustehen. Ich lebe ganz normal damit und mir geht es besser als ohne. So what? Ähnlich sehe ich eine Tagesklinik. Eine Herz-OP machst du auch nicht auf dem Sofa zuhause, sondern bei den Profis.
Der Ton deiner Ärztin klingt in der Tat etwas seltsam, allerdings scheint sie den Ernst der Lage zu erkennen, sonst würde sie dich nicht im 2 Wochen Rhytmus sehen wollen.Bedrohen möchte sie dich damit wohl eher nicht. Versuche es positiv zu sehen nimm etwas Hilfe an. Und vergiss nicht, die Krankmeldungen auch immer schön pünktlich an die Krankenkasse zu schicken!
Alles Gute,
E.

16.04.2021 15:52 • x 1 #19


LeLion
Wie ich glaube ich schon einmal in einem anderen Thread geschrieben habe und auch selbst lernen musste nachdem
ich ebenfalls - wie wohl die meisten hier - einige Ärzte durchhaben gibt es da leider qualitativ ordentlich Unterschiede.
Gerade die Psychiater die gerne alles mit ein paar Smarties wegschlucken wollen, sind eine Katastrophe.
Ein klassischer Burnout ist keine reine psychische Erkrankung sondern wird in erster Linie durch ein verbrennen seiner Ressourcen ohne entsprechenden Ausgleich erzeugt.
Daher ist eine gute Diagnose um so wichtiger, bei der man auch leider bei einigen Untersuchungen selbst in die Tasche greifen muss.
Wichtig ist daher immer wie viel Anteil hat die psychische Seite, hierbei muss man seine Werte und Handlungen hinterfragen und wie weit die zu diesem Umstand mindestens beitragen, aber eben auch die physische und dem damit verbundenen Mangel im Körper, den es auch im Körper zu finden gilt.
Und was leider auch auch immer dazu kommt ist eben das Problem das Burnout auch der Einstand sein kann zu Depressionen und Angststörungen.

Sofern man also noch nicht ganz so tief im Sumpf steckt und noch einigermaßen agieren kann, würde ich aus meiner jetzigen Sicht immer auf folgende Untersuchungen bestehen:
- Erweiterte Schilddrüsenuntersuchung (Überfunktion/Unterfunktion) auch wenn auf dem ersten Blick nichts dafür spricht
- Nebenniere testen, da diese bei einem ausgewachsenen Burnout immer in Mitleidenschaft gezogen ist
- Vitamin B Reihe, Vitamin D, Q10, Eisen mindestens checken

Wenn man hier evtl. vorhandene Dysbalancen erkennt und behebt gehen sowohl depressive Symptome als auch Angstzustände zurück und das Energie Level wieder hoch (was natürlich unter umständen einige Wochen dauern kann)
und nebenbei um eine Therapie kümmern um die falschen Lebensgewohnheiten zu erkennen und dagegen anzugehen.
Sollte das dann alles nicht helfen, kann man immer noch über Antidepressiva nachdenken, aber dann sind wir auch nicht mehr bei einem Burnout sondern bei einem wirklich unter umständen ausgewachsenen psychischen Problem.

Wie jede Erkrankung die die sich auch auf die Psyche niederschlägt ist ein Langer Atem das wichtigste und viel Entschleunigung, das gerade das natürlich noch mal zusätzlich auf das Gemüt drückt ist verständlich, nur leider lässt sich das nicht von heute auf morgen auskurieren und man muss aktiv mithelfen.

Ich hab zum Beispiel in meiner Krankheitszeit alle Krankschreibungen über meinen Hausarzt bekommen, der konnte mir zwar nicht helfen, außer mit mit dem weiterreichen an entsprechende Fachärzte, signalisierte mir aber damit das er mein Problem verstanden hat, wofür ich Ihm natürlich auch dankbar bin und natürlich war ein Termin dort zu bekommen wesentlich einfacher als bei einem Facharzt, wobei wir da nach einiger Zeit eh schon ein eingespieltes Team waren im 4 Wochen Rhythmus

16.04.2021 17:25 • x 1 #20


Elliot
@LeLion Für meinen Geschmack differenzierst du hier zu sehr zwischen Burnout und psychischer Erkrankung. Den klassischen Burnout gibt es
doch gar nicht, und wenn die Psyche verrückt spielt (warum auch immer), ist es dann nicht auch ein psychisches Problem? Ob aus genetischer Veranlagung oder aus jahrelanger Misswirtschaft ist doch egal.

16.04.2021 18:23 • x 1 #21


A
Ich muss ehrlich sagen, dass die Erläuterung von @ le Lion für mich logisch und vernünftig liest.Erst alles Organische ausschliessen und danach Medikamente besprechen.Die Psychiaterin sagte ja bei meinem ersten Besuch, ich kann die Medikamente nehmen oder auch mit einem Therapeuten arbeiten oder beides.Ich hatte mich für den Therapeuten entschieden, der mir wirklich gut tut.Deswegen verstehe ich jetzt das beharren auf die Medikamente so gar nicht.

16.04.2021 20:44 • #22


A


Hallo Amanda99,

x 4#23


LeLion
@Elliot ich denke nicht das ich zu sehr differenziere sondern das es genau das ist was nötig ist.
Leider ist ja auch genau das, dass Problem. Wenn man bei Ärzten einmal eine psychische Diagnose erhalten wird doch oftmals gar nicht weiter gesucht ob nicht doch etwas körperliches zumindest den Zustand begünstigt.
Und was bringt es uns auf lange Sicht wenn wir die Symptome behandeln und auch sicher damit erst einmal Linderung erfahren, was wichtig und richtig ist, doch auf Lange Sicht wird das Problem erneut auftreten wenn die Ursache von der Behandlung ausbleibt.

Ich könnte das ganze noch unnötig weiter ausdehnen möchte aber den Thread von Amanda99 nicht weiter mit Offtopic belasten.
Ich wollte nur darauf aufmerksam machen, das es durchaus sinnvoll sein kann auch mal etwas über den Tellerrand zu schauen und meine Erfahrungen Teilen die ich leider machen musste und vor allem selbst recherchieren musste, da kein Arzt die Zusammenhänge gesehen hat oder wusste.

Die @Amanda99 wünsche eine gute und baldige Genesung und halte durch, auch wenn manche Tage schlimmer sind als andere, am Ende kommt man auch aus diesem Tief wieder raus.

17.04.2021 09:19 • x 1 #23

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