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Bloß keinen belasten

R
Hallo,

Ich glaube ich muss einfach diese Worte in die Welt hinaus senden. Sie brennen schon so lange auf meiner Seele. Lange Zeit habe ich funktioniert, ich bin krank und dennoch habe ich weiter gemacht, jeden Tag versucht die Kraft für alles zu finden. Die Lebensfreude ist schon lange den Bach runter, doch für meinen 4jährigen wollte ich stark sein. Ein fröhlicher, neugieriger und aufgeweckter Kerl der immer Input braucht. Und ich habe einen Mann der bei mir bleibt, obwohl er nicht im geringsten versteht wie es in mir aussieht. Wann immer ich versuche darüber zu reden was mich bewegt, schweigt er. Das kann viele Gründe haben. Aber ich ziehe mich zurück und schweige auch. Ich bin einsam. Ich habe einen Job der sehr fordernd ist und indem ich ständig im direkten Kontakt zu Menschen stehe. Ich mag das sehr, dennoch erschöpft es mich zutiefst. Eine 40h Woche schaffe ich im Grunde auch gar nicht, doch ich muss. Wir benötigen das Geld um die Schwiegermutter zu unterstützen.
Ich frage mich mittlerweile wozu ich morgens aufstehe. Haushalt, Kindererziehung und Arbeit, das ist mein Leben. Da muss doch noch mehr sein! Wer bin ich? Was macht mich aus? Wie sieht meine Zukunfr aus? Alles ist dunkel und fühlt sich endlos an und ich habe niemanden zum Reden. Ich weiß dass ich Hilfe brauche, doch meine Langzeit-Therapie ist seit wenigen Wochen durch und in der Klinik war ich auch schon, obwohl das schon lange her ist. Mein Hausarzt schreibt mich wenn überhaupt nur für 2-3 Tage krank. Er hat null Verständnis für so Psychokram.
Ich weiß auch, dass ich auf einen Zusammenbruch zusteuere wenn ich so weiter mache. Aber ich seh keine Perspektive im Moment.
Ich bin verzweifelt und fühle mich hoffnungslos.

28.07.2025 09:16 • x 7 #1


Stromboli
Liebe Romance87 (hoffe, die Umschreibung ist okay)

Herzlich willkommen und es ist gut, dass du das hier in die Welt hinaus sendest. Manche machen die Erfahrung, dass sowas ein erster, hilfreicher Schritt sein kann aus einer Erstarrung heraus.
Ich erhalte den Eindruck einer zwar stabilen, aber dich gleichzeitig derart einengenden und bedrückenden Situation, dass es dich auf Dauer krank macht - was es ja schon getan hat, aber ohne Gegensteuern wird sich das weiter zuspitzen.

Du magst eigentlich den direkten Kontakt mit Menschen in deinem Job, aber diesen zu 100% auszuüben neben allem anderen, ist offensichtlich eine Überforderung. Und: Wieso braucht ihr Geld, um die Schwiegermutter zu unterstützen? Warum seid ihr oder fühlt ihr euch, fühlst insbesondere du dich dafür verantwortlich? Da müsste es doch andere Quellen geben, es kann doch nicht sein, dass du deswegen deine Gesundheit ruinierst. Da müsste aus meiner Sicht dringend etwas angepasst werden.

Du hast einen Mann, der bei dir bleibt, dich aber nicht versteht und mit dem du dich folglich trotzdem sehr alleine fühlst. Auch da bräuchte es einen Anschub, dass sich etwas ändert.

Du bräuchtest professionelle Hilfe, aber die Ressourcen sind ausgeschöpft und dein Hausarzt lässt die Sensibilität für deine Situation vermissen. Auch von daher kommt keine Hilfe, das sollte sich auch ändern.

Du hast einen aufgeweckten 4-jährigen Jungen, der viel Aufmerksamkeit braucht und für den du stark sein willst. Das kannst du unter all diesen Umständen nicht ewig durchhalten.

Alles in allem eine starre Situation, die nach Veränderung schreit. Du kannst sie so weiterlaufen lassen, dann wird dein Körper über kurz oder lang eine Veränderung erzwingen. Oder du setzt mal an einem der vier verschiedenen Bereiche an, es muss ja nicht an allen gleichzeitig sein. Wenn man an einer Stelle anfängt, wird das eine Dynamik in Gang setzen und Veränderungen ermöglichen, die vielleicht aus der jetzigen Optik noch nicht möglich scheinen - denn es wird etwas an deinem Gefühl von Ohnmacht ändern und das ist jetzt wichtig, denke ich.

Am leichtesten wäre es vielleicht, wenn du dich erstmal nach einem besseren Hausarzt umsiehst, der dir zuhört und dich ernst nimmt. Wenn Therapie aktuell nicht zugänglich ist, könnte er oder sie da einen gewissen Ersatz bieten. Auf mich wirkt es so, als ob du dringend jemand Verlässlichen brauchst, bei dem du mal nicht stark sein und funktionieren musst. Und der dich, im Fall eines HA, eben auch mal angemessen krank schreibt. Hör dich doch mal um, was für Hausärzte/-ärztinnen offener und kompetenter sind für psychische Erkrankungen.
Eine andere Möglichkeit wäre evtl., dich mit anderen Müttern zu vernetzen, um die häusliche Belastung zu reduzieren und zugleich ein eigenes soziales Netz aufzubauen, das dir helfen kann? Oder vielleicht gibt es auch Selbsthilfegruppen in erreichbarer Nähe, z.B. für Depressive, für Stress am Arbeitsplatz und/oder in der Familie.
Oder dieser Zwang, die Schwiegermutter zu unterstützen, so dass du deswegen 100% arbeiten musst, das geht doch nicht. Da könntest du vielleicht mal eine Sozialberatung aufsuchen.

Das sind so die Ideen, die mir spontan kommen. Ich wünsche dir herzlich alles Gute, und: Versuch, dich selbst jetzt erstmal an die erste Stelle zu setzen. Leicht gesagt, für uns Depressive schwer umzusetzen, ich weiss. Aber vielleicht das einzige Gute, was man vom aktuellen Herrn des Weissen Hauses lernen kann ... Myself first.

28.07.2025 09:51 • x 5 #2


A


Hallo RoMaNcE87,

Bloß keinen belasten

x 3#3


R
Hallo Stromboli,

Das hast du ganz treffend wiedergegeben und danke für die rasche Rückmeldung.

Es sind die kleinen Dinge im Leben die mir Hoffnung geben und wenn es nur so etwas wie diese Unterhaltung ist. An schlechten Tagen ist sowas für mich unendlich wertvoll.

Ein Perspektivwechsel hilft mir jetzt gerade gut. Weg vom Ich-kann-nicht-mehr hin zum Das-kann-ich-ändern.

Danke dass du mich daran erinnert hast, dass man sehr wohl eine Wahl hat im Leben! Das tut gut. Ich habe die Wahl dazu zu lernen, mich selbst besser zu behandeln und mich an Positivem festzuhalten.
Danke auch für die vielen Fragen. Das hat mich angeregt über den Ist-Zustand nachzudenken aber in konstruktiver Form!
Das macht mich nicht automatisch weniger krank aber ich stecke nicht mehr ganz so sehr fest. Es bewegt sich wieder etwas...

28.07.2025 12:12 • x 6 #3


Rotkehlchen-
Hallo @RoMaNcE87,

Zitat von RoMaNcE87:
Und ich habe einen Mann der bei mir bleibt, obwohl er nicht im geringsten versteht wie es in mir aussieht. Wann immer ich versuche darüber zu reden was mich bewegt, schweigt er.

Es liegt vielleicht daran, das dein Mann sehr wohl mitbekommt das es dir psychisch nicht gut geht,
aber er nicht weis wie er dir weiter helfen kann. Und bevor er etwas falsches sagt, sagt er lieber nichts.
Nicht selten haben Partner/innen und Verwandte auch Ängste, wenn ihre Liebsten leiden,
man ihnen aber nicht helfen kann. Ganz viele Angehörige fühlen sich einfach machtlos.
Wobei ihr schweigen nicht einmal böse gemeint ist.

Und natürlich wird dein Mann nicht verstehen können, wie es in dir aussieht. Was du fühlst, denkst, was du empfindest. Du kannst es ihm nur immer und immer wieder erzählen- aber da kommt dann stets wieder der
Punkt an dem er schweigt. Einfach, weil er sich hilflos fühlt.

Mal eine Frage an dich ;
angenommen, dein Mann erzählt dir wie es bei ihm persönlich innerlich aussieht, was er fühlt und denkt,
welchen Kummer und Sorgen er hat, meinst du, das du ihn verstehen könntest ? Das du nachempfinden
könntest wie es innerlich in ihm aussieht , jetzt ganz unabhängig von deiner aktuellen Situation ?

Ich denke nein, den niemand kann sich in den anderen Menschen hineinversetzen und nachempfinden,
was der andere in Wirklichkeit spürt und was ihn belastet. Verstehst du was ich meine ?
Dahinter müssen keine bösen Absichten liegen, oder Desinteresse was deinen Gemütszustand und deine
Erkrankung betrifft. Selbst habe ich dies alles auch erst spät verstanden.

Diese Zeilen schreibe ich dir, weil mein Mann genau wie deiner reagiert.
Ich kann ihm tausend mal erzählen wie es in mir aussieht, wie schlecht ich mich fühle, schildere ihm
gar meine körperlichen Symptome die durch dem allen ausgelöst werden. Er schweigt.
Und dieses Schweigen, das hat mich schon ganz ganz oft auf die Palme gebracht.

Irgendwann habe ich mal in einem ruhigen Moment bei ihm richtig nachgehakt, warum er mir verdammt
nochmal nicht antwortet wenn ich ihm sage was mich belastet und wie ich mich fühle. Ich habe geheult und
ihm gesagt, das ich sein Verhalten nicht verstehe und das ich ihm ja wohl egal sei.

Seine Antwort war : Ich würde dir so gerne helfen weil ich dich liebe, aber ich weis nicht wie ich dir helfen kann
und ich weis nicht was ich machen soll , damit du dich besser fühlst. Ich fühle mich einfach machtlos
und es tut mir innerlich weh, wenn ich spüre und weis das du leidest, aber ich dir nicht weiterhelfen kann.
Es ist seine pure Verzweiflung.

Zitat von RoMaNcE87:
Mein Hausarzt schreibt mich wenn überhaupt nur für 2-3 Tage krank. Er hat null Verständnis für so Psychokram.


Ich hatte da denselben Gedanken wie Stromboli,
am besten schaust du dich nach einem neuen Hausarzt/in um und am besten nach einen,
der sich auch mit psychischen Erkrankungen auskennt.

Du kannst dich dbzgl. auch bei deiner Krankenkasse informieren ,
ich hatte dies vor vielen Jahren mal getan und hatte meine damalige Ärztin über diesen Weg gefunden.

Ich wünsche dir alles Gute und heiße dich auch erst einmal herzlich Wilkommen hier.

Lg. Rotkehlchen-

29.07.2025 17:24 • x 1 #4

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