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Als Pflegeperson in Depression gefallen

L
Hallo,
ich bin auch neu hier und versuche jetzt, erst einmal kurz, meine Geschichte aufzuschreiben (sofern es mir gelingt, weil ich mich auf jedes Wort konzentrieren muss):
Ich erlebe jetzt meine vierte depressive Episode. Der Auslöser ist mir bekannt. Nach 11 Jahren Witwendasein lernte ich einen neuen Partner kennen, das ist jetzt 4,5 Jahre her. Ich wußte, dass irgend etwas mit ihm nicht stimmte. Aber das war mir egal , er war ein Mensch, der gut zu mir passte. Er ist dann zu mir gezogen. Nach vielen Arztterminen, Krankenhausaufenthalten, wurde festgestellt,dass er an Parkinson leidet.Er hat seit 2 Jahren den Pflegegrad 3 und ich habe meine ganze Kraft auf ihn gerichtet.
Ich dachte immer, ich bin stark, ich schaffe das. Aber ich hatte mich völlig überschätzt. Ich bin, trotz Medikamenten wieder von heute auf morgen in die Depression gefallen. Zuerst fiel mir schwer, das vor mir selbst zuzugeben. Aber ich mußte es akzeptieren und habe dann meiner Tochter, meinen Freunden und teilweise auch Nachbarn dies ehrlich gesagt. Jeder versteht das, versucht mir zu helfen und nimmt mich jetzt so , wie ich bin.
Mein Partner hat 2 Töchter, die beide Altenpflegerinnen sind, sie verstehen mich auch- klar sie wissen ja, was es heißt jemanden zu pflegen. Sie haben ihn am letzten Montag abgeholt und erstmal in eine Kurzzeitpflege in einem Seniorenheim gebracht. Das musste sein, denn ich konnte mich nicht mehr richtig um ihn kümmern.
Jetzt muss ich erstmal selber wieder mit der Situation und auch mit mir klar kommen.Meinen jetzigen Zustand beschreibe ich so:
Nebel im Kopf, d. h. klein klarer Kopf, alles ist weit weg von mir. Wenn die innere Anspannung zu groß ist, sehe ich schlecht.
kein Appetit, habe jetzt 6 kg in 4 Wochen abgenommen (was das einzig Gute ist bei meinem Übergewicht); muss mich zwingen, etwas zu essen- Mundtrockenheit- muss mich auf alles stark konzentrieren- also das volle Programm.
Mein Medikament wurde jetzt erstmal erhöht, seit 2 Wochen, merke aber noch nicht, dass es irgendwie anschlägt. Ich weiß aber, dass es irgendwann besser wird. dann muß ich mir jede Stunde wie ein Mantra wiederholen .
Meine Ärztin hat jetzt eine Reha für pflegende Angehörige für mich beantragt, mal sehen, ob sie bewilligt wird.
Was mich fertigmacht, ist mein momentaner Zustand, es gehört so viel Kraft dazu, den zu aktzeptieren. Ich muss mir immer wieder sagen, du kannst noch so viel, wirst nicht verrückt, es geht vorbei usw. Versuche einzukaufen,spazieren zu gehen, zu lesen, mich mit Konzentrationsspielen am Computer abzulenken. Mal geht es ganz gut, mal nicht. aber ich zwinge mich immer, am Ball zu bleiben und das eine fertigzumachen.
Ich habe mir das jetzt erstmal von der Seele geschrieben, das hilft immer ein wenig weiter. ich denke , dass es vielen von Euch
auch so geht und sich in manchen Punkten wiedererkennen.
Ich denke, wenn man sich austauschen kann, hilft das doch ein kleines bisschen weiter

28.03.2019 12:54 • x 2 #1


F
liebe Louise,

erstmal sei herzlich willkommen hier im Forum. Mögest du hier etwas Hilfe und Annahme, für dich und dein Leben finden.

Du hast in deinem Leben alles gegeben was du konntest, über deine eigene Kraft gegeben. Vielleicht hast du es nicht gewagt, einmal nur auf dich und deine eigenen Wünsche und Bedürfnisse zu schauen. Und jetzt kommt auch noch diese Depression, alles ist wertlos. Aber was du an Liebe verschenkt hast, du das geht nicht verloren, das bleibt.

Du darfst dich in Liebe und in Würde selbst annehmen, du darfst das würdigen, was du gelebt hast, und du hast etwas ganz Großes gelebt. Betrauere das, was du nicht leben konntest. Aber sei auch dankbar dafür, was du Großartiges geleistet hast.

Du darfst dich mit deinem ganzen Leben, versöhnen, aussöhnen. Du darfst dir jetzt noch viele schöne Jahre gönnen, auch wenn die Depression dir gerade so viel Mühe macht.

Du darfst dich wieder aufmachen, etwas Neues erleben. Weil du noch nicht satt am Leben bist, vielleicht empfindest du es so, noch nie richtig gelebt zu haben.

Aber bleibe nicht darin stecken, das du noch nicht so leben konntest, dich immer wieder für andere Menschen aufgeopfert hast. Wie gesagt, du darfst dich würdigen dafür, dass du dein Leben für andere Menschen hingegeben hast.

Du hast nicht umsonst gelebt, nicht umsonst dich für Menschen hingegeben. Aber jetzt hast du auch noch mit der Depression zu kämpfen, mit Trauer und Schmerz. Aber nur, wen du in diesen Schmerz hinein gehst, diesen deinen Schmerz zulässt, können sich deine Schmerzen, dein Leid, wieder in Leben für dich verwandeln. Und du kannst dich immer wieder aussöhnen mit deiner Vergangenheit. Und es muss nicht so bleiben wie es war.

Du musst nicht in deinen Schmerzen stecken bleiben. Du darfst durch die Schmerzen hindurch auf den Grund deines Lebens finden. Und dort wünsche ich dir den Frieden für dein Leben zu finden. Du musst nicht immer über dein versäumtes Leben klagen, denn du darfst immer wieder neues Leben für dich wagen.

Manche Menschen verbergen ihr vermeintliches Versäumnis ihres Lebens, indem sie plötzlich sehr aktiv werden.

Aber du darfst dich mit dir und deinem Leben aussöhnen, mit dir und deiner Vergangenheit, milde und gut mit dir als sehr wertvoller Person umgehen, du darfst deine Einsamkeit aushalten.

Nur musst du dich nicht mehr in deiner Einsamkeit ganz zurück ziehen. Du darfst aus deinem Haus gehen, etwas für eich un mit anderen Menschen unternehmen, du darfst lebendig sein.
Du bist eine einmalige und gute Frau liebe Louise, und ich wünsche es mir ganz arg für dich, das deine Depression dich nicht mehr so lange blockiert. Das du dich bald wieder in deinem Leben auch mall wieder freuen darfst.


in guten Gedanken für dich,


viele liebe Grüße,


Frederick

28.03.2019 17:38 • x 1 #2


A


Hallo Louise24,

Als Pflegeperson in Depression gefallen

x 3#3


L
Lieber Frederik,

vielen Dank für deine großartigen und einfühlsamen Worte. Das muß ich erst nochmal genau lesen und das auch verinnerlichen.

DU hast es jetzt mit Deinen Worten geschafft, dass ich mal weinen kann, das ist mir in den letzten Tagen nicht gelungen.
Da ging jetzt doch eine Schleuse auf.
danke dafür
ich werde noch näher auf deine Worte zurückkommen, erstmal muss ich weinen

Louise

28.03.2019 19:38 • x 2 #3


Ell
Liebe Louise,

ich kenne das was du beschreibst aus eigener Erfahrung und kann dir sagen, es verändert sich wieder.
Zitat von Frederick1:
Aber du darfst dich mit dir und deinem Leben aussöhnen, mit dir und deiner Vergangenheit, milde und gut mit dir als sehr wertvoller Person umgehen, du darfst deine Einsamkeit aushalten


Genauso wie Frederick es sagt.

Ich wünsche dir, dass es mit der Reha bald klappt!
Herzliche Grüße
Ell

28.06.2020 11:00 • x 2 #4


Irgendeine
Zitat von Ell:
Liebe Louise,

ich kenne das was du beschreibst aus eigener Erfahrung und kann dir sagen, es verändert sich wieder.


Genauso wie Frederick es sagt.

Ich wünsche dir, dass es mit der Reha bald klappt!
Herzliche Grüße
Ell

Der Beitrag ist von 2019....

28.06.2020 11:10 • x 2 #5


buddl1
weinen, löst so mansche Blockade,
es lässt einen selbst erkennen, wie schwer man doch eigentlich trägt
und dabei sich selbst vergessen hat.

so viel Kraft hast du gegeben, so viel was du schon gelebt und dabei gegeben hast,
es ist Zeit das du dir selbst etwas Zeit nimmst und eben genau mal das machst,
was dein Herz dir sagt:
selber leben und auch erleben.
es ist keine Frage der Lebensjahre,
es ist eine Frage der Lebenseinstellung zu sich selbst und eben auch zu den anderen
sei es zum Partner oder der Familie.
sei dir sicher dort, in der Einrichtung, sie werden für ihn sorgen,
hätte es bestimmt auch so gewollt,
vor allem das du am Leben teil nimmst, nicht nur dich einzwängen lässt,
was eine rund um die Uhr pflege nun mal mit sich bringt.

alle, ja wirklich alle können stolz auf das was du bisher geleistet hast sein,
am meisten aber DU!

du bist noch lange nicht am Ende deines Weges,
hier ist nur eine kleine Zwischenstation und dich zu lesen,
es wird vielen anderen Kraft geben,
nicht aufzugeben, die Hoffnung zu haben
einfach zu leben.
wenn du spazieren gehst,
du spielende, lachende Kinder siehst,
erinnere dich an als das vergangene und
genieße ihre Sorgenfreiheit,
einen Teil davon verdanken sie auch dir...
buddl1,

28.06.2020 11:19 • x 1 #6

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