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Allein, ohne Freundinnen

V
Hallo ihr Lieben,

ich bin Sarah, 34, wohne in Karlsruhe, werde morgen noch 35. Ich bin Mama einer 6 jährigen Tochter. Beruflich arbeite ich wegen Corona und wegen meiner Depression nur halbtags momentan. Seit 5 Jahren leide ich an einer Depression. Die letzten 4 Jahre habe ich aber Ruhe gehabt und diese kaum gemerkt. Seit Oktober ist die Depression wieder mit voller Wucht da. Ich fange mehrmals die Woche an zu zittern, zu weinen und habe auch mehrmals Suizidgedanken. Auslöser meiner Depression sind meine ungelösten Konflikte in meiner Jugend und Kindheit und auch die letzten Jahre wurde ich sehr verletzt von meiner Mutter und meiner Schwester.
Außerdem hat mich jetzt während meiner Depression meine einzige Freundin verlassen, da sie nicht damit zurecht kommt und meine Tochter störend findet. Das hat mich noch mehr runtergezogen. Am 23.03.2021 werde ich eine stationäre Psychotherapie für 6 Wochen machen, da ich professionelle Hilfe brauche. Ich hatte ab Oktober Citalopram genommen, dies hat mir aber anders wie während der ersten Phase der Depression nicht geholfen. Jetzt nehme ich Venlafaxin 150mg und es geht mir deutlich besser. Ich grübel aber immernoch, bin nicht belastbar, ein Anruf oder Stress genügen um mich weinen zu lassen. Oder auch ein Song aus der Vergangenheit reichen aus um mir den Boden unter den Füßen weg zu reißen.
Ich bin ehrlich, zuverlässig, bin hochsensibel und wäre sehr gerne für dich da, egal was kommt.
Wenn du dich angesprochen fühlst, melde dich gerne bei mir.
Ich lese gerne, bin gern draußen in der Natur mit Kind und Hund, höre gern Musik.

Ich kämpfe dafür, dass eine Depression kein Tabuthema mehr ist. Sätze wie: lenk dich halt ab, dann geht es dir besser. oder Reiß dich zusammen, du hast doch so eine tolle Familie und hast alles was du brauchst ist das schlimmste was man einer an Depression erkrankten Person sagen kann.

Viele Grüße

Sarah

16.03.2021 09:22 • x 2 #1


Heideblümchen
Nochmals hi, @Venla86

Ich hatte dir ja auch schon auf dein andere Thema geantwortet und gerade deinen Beitrag vom 8.3. gelesen. Ui, das war harter Tobak, denn in vielem habe ich meine eigene Geschichte wiedererkannt.
Die Sprüche der Familie du kannst nix, bist nix kenne ich selber zur Genüge. Ich wurde immer, vor allem von meinem Vater, klein gehalten, durfte mir nichts erlauben, kam immer an meine Grenze. Als Erwachsene wurde der Spieß umgedreht und es kam immer: Warum hast du dies und jenes nicht geschafft? Hast du nichts gelernt von dem, was ich dir beigebracht habe? - Mit etwa 4 oder 5 Jahren hat mir mein Vater gesagt, wenn er mal ernsthaft krank werden würde, würde er sich die Kugel geben. Man kann sich vorstellen, welche Panik ich schon bekam, wenn er nur einen Schnupfen hatte. Wie sollte ich das als Kind einordnen können?
Du siehst also, liebe @Venla86 ... es gibt durchaus Parallelen. Auch einiges anderes aus deinem Bericht habe ich durchaus auch so erlebt.
Als ich vorletztes Jahr für 2 Monate mit einer schweren Depression nach einer ebenso schweren anderen Krankheit in einer Klinik war, habe ich genau diese Themen aufgearbeitet. Anfangs unter vielen, vielen Tränen. Außerdem habe ich bei Gruppensitzungen gemerkt, dass ich andere Anwesende mit meinen Erzählungen getriggert habe und das wollte ich nicht. Also habe ich in den Gruppensitzungen so lange geschwiegen, bis ich darum gebeten habe, diese komplett verlassen zu dürfen und nur noch mit meinem mir zugewiesenen Therapeuten sprechen zu dürfen.
Dort konnte ich dann alles erzählen, was mich belastet hat. Am Ende hat sich meine Verzweiflung in Wut gewandelt und ich habe meinem Vater einen sehr, sehr langen Brief geschrieben, der immer weiter gewachsen ist, je länger ich über einzelne Situationen nachgedacht habe. Es kamen immer mehr Erinnerungen hoch. Diesen Brief habe ich, als ich fand, jetzt reicht es, jetzt kommt nichts mehr, ausgedruckt, mehrmals durchgelesen, abgenickt und feierlich verbrannt. Mir hat das für den Moment geholfen und ich habe danach den Kontakt mit meinem, inzwischen sehr betagten Vater, abgebrochen und ihn erst nach und nach und in anderer, zurückhaltender Form wieder aufgebaut. Jetzt wird nach meinen Regeln gesprochen und sobald er anfängt, meine Worte zu werten oder zu kritisieren, lege ich auf und beende so das Gespräch. Er hat schnell gemerkt, dass er sich jetzt zurückhalten muss und sich nicht mehr einzumischen und mich wie ein Kind zu behandeln. War ein schwerer Weg, tut zumindest mir aber gut.

Das Thema mit deiner Freundin ist eine andere Sache. Ich kenne dein Kind nicht, aber was ist an einem Kind so dramatisch, dass sich eine langjährige Freundin von dir abwendet? War sie dann überhaupt eine Freundin oder war sie einfach da, aber nicht so, wie man sich das für eine Freundin wünscht?
Auch ich habe mich von einer jahrelangen Freundin getrennt, als ich gemerkt habe, dass sie mich bevormundet und mir nicht gut tut. Manchmal ist das eben so. Man geht eine zeitlang einen gemeinsamen Weg als Freunde, und dann entwickeln sich die Personen in andere Richtungen und was einmal gepasst hat, passt nun nicht mehr. Schade drum, aber eine Freundschaft soll gut tun und nicht belasten.

Sicher findest du hier im Forum zumindest den Austausch und Gleichgesinnte, mit denen du über deine Erfahrungen berichten und dir sicher sein kannst, dass andere, wie zum Beispiel auch ich, Ähnliches erlebt haben. Du bist damit also nicht alleine, wenn dich das schon mal ein bisschen beruhigt!
Sicher wird es dir auch gut tun, dir in der Klinik weiter helfen zu lassen. Anfangs ist das sicher nicht so einfach, aber meine Erfahrung war danach, dass ich eine Menge sehr wertvoller, toller Menschen kennen gelernt habe, dass ich mich in der Zeit des Aufenthaltes ein bisschen entschleunigt und wie unter einer schützenden Glasglocke und verstanden gefühlt habe.

Viele mir angebotene Kontakte habe ich danach ganz bewusst abgelehnt. Ich hatte nach dem Aufenthalt einen bestimmten Stand an Stabilität gewonnen und wusste bei den anderen Mitpatientinnen und Patienten am Ende ziemlich genau, wer es auch schaffen würde und wer nicht, wer mich später, wenn wir den Kontakt halten würden, als Freund/Freundin bereichert oder wer mich immer wieder runterziehen würde. So ist mir am Ende lediglich der Kontakt zu meiner Zimmer- und Leidensgenossin geblieben und uns verbindet heute eine wunderbare Freundschaft. Hört sich sehr hart an, war aber wichtig für mich und rückblickend eine gute Entscheidung.

Ich wünsche dir viel Glück, Erholung, Entspannung. Entspannung in Form von Entschleunigung und Klarheit, Hilfe, Unterstützung und sacken lassen. Sich öffnen. Und du weißt ja, dass du hier auch jederzeit deine Erfahrungen teilen kannst, was anderen, denen ein Klinikaufenthalt bevorsteht, vielleicht auch weiterhilft. Ich wünsche dir alles Gute!

16.03.2021 09:46 • x 1 #2


V
Hallo meine Liebe,

ich danke dir sehr für deine harte aber ehrliche und lange Nachricht. Ich hoffe du bist wieder ganz genesen von deiner anderen schweren Krankheit. Bist du eigentlich immernoch in ambulanter Psychotherapie oder nicht?
Ja, das war alles schon harter Tobak in meiner Jugend und Kindheit. Als ich in der Schule gemobbt wurde und ich von keinem Unterstützung bekommen hab. Auch heut nicht. Ich hab ja sogar Schmerzen vorgetäuscht weil ich Angst vor der Schule hatte.
Naja das ist ja mein Ziel das alles aufzuräumen und abzuschließen in der Klinik und mich auf die zukunft zu konzentrieren und daran zu arbeiten, dass ich mich selbst liebe auch wenn ich in der Vergangenheit große Fehler gemacht habe die ich gerne ungeschehen machen würde.
Meine Freundin war schon für mich da, aber sie hat sich auch mal 2-3 Tage nicht gemeldet aber wenn ich das mal auch so gemacht habe hat sie es mir vorgehalten. Wir haben zwei komplett unterschiedliche Leben geführt. Sie trank kein Alk. hatte eine andere Tages und Lebensstruktur, hatte kein Kind usw....
Trotzdem waren wir eigentlich für einander da. Wollten sogar Urlaub gemeinsam nach Corona planen.
Aber ich werde keinen Kontakt mehr zu ihr aufnehmen. Hab sie aus meinem Leben gestrichen.
Ok meine Liebe ich danke dir sehr.
Bleib gesund.
Deine Sarah

16.03.2021 13:38 • #3

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