Soziale Einsamkeit überwinden - wann sich selbst einladen?

Howeynous
Hallo liebes Forum mal wieder,

Ich schreibe jetzt zu einem Thema, was mir ganz aktuell schon ein bisschen auf der Seele brennt.

Vielleicht nochmal ganz kurz, damit meine uralte Vorstellung nicht herausgekramt werden muss... ich heiße Tim, bin 24 Jahre alt, Mathestudent, sitze im elektrischen Rollstuhl und wohne alleine mit 24-Stunden-Assistenz.
Ich habe seit Ende 2009 immer mal wieder Depressionen, seit 18 Monaten bin ich deswegen in psychotherapeutischer Behandlung.

Eines meiner Hauptprobleme ist schlichtweg die emotionale und soziale Einsamkeit. Ich hatte in meiner Schulzeit ehrlich gesagt auch schon Probleme, soziale Situationen richtig einzuschätzen und richtig zu behandeln... damals war ich auch eher Einzelgänger, es hat mir zumindest nichts ausgemacht. Heute leide ich etwas darunter, ein, wenn auch voll akzeptierter, Außenseiter zu sein.

Ich bin nächste Woche auf einer Geburtstagsfeier eines Freundes eingeladen und jetzt komme ich wahrscheinlich ungläubig rüber - aber das ist meine erste Einladung in 5 Jahren!
Aber auch andere Freizeitaktivitäten finden ohne mich statt - ehrlich gesagt warte ich sehnsüchtig darauf, dass mich einfach mal spontan jemand fragt Felix und ich gehen morgen Abend ins Kino, hast du Lust, mitzukommen?
Das kommt aber leider nicht vor und wenn ich selber jemanden frage, werde ich zwar nicht abgewiesen, aber die Tätigkeit wird zumindest um Monate hinausgeschoben.

Was mir nun zu denken gibt ist, dass ich heute Morgen auf Facebook gelesen habe, dass ein langjähriger Assistent und, gefühlt, super Kumpel von mir gestern Abend alle seine Freunde zu seinem Geburtstag zu einem Pokerabend eingeladen hat. Ich habe mit ihm auch schon mal Pkr gespielt und ich liebe Kartenspiele generell... Warum wusste ich nichts davon?
Nein, ich will das jetzt auch nicht überbewerten. Erstens ist er mein Assistent und da ist Nähe und Distanz immer so ein Thema, das kann man unterschiedlich handhaben. Ich für meinen Teil werde meine Assistenten zu meiner Geburtstagsparty einladen, weil sie nun mal auch wichtige Personen in meinem Leben sind.
Zweitens werde ich bestimmt auch öfters außen vor gelassen, weil der Ort schlichtweg nicht rollstuhlzugänglich ist. In diesem Fall weiß ich es nicht.
Aber ich habe auch noch niemals sowas gehört wie Tut mir Leid, ich hätte dich gerne eingeladen, aber leider wohnen wir nicht barrierefrei, dafür können wir später gerne mal zusammen ein Bierchen trinken gehen. Das fände ich klasse!
So erfahre ich von allen Dingen erst im Nachhinein, meistens auch nicht persönlich, und weiß nie, wo ich wirklich stehe. Die Sache mit der Rollstuhlzugänglichkeit ist natürlich tatsächlich oft ein Problem und macht es mir dann auch wieder schwer, die Leute wirklich zu kritisieren.

Meine Therapeutin meint schon seit längerem, wenn ich mal von einer Party etc. Wind bekomme, soll ich mich knallhart selber einladen. Meinem Naturell entspricht das aber irgendwie gar nicht, damit würde ich doch einige Leute nur peinlich berühren, oder?
Wie würdet ihr das handhaben?

Schönen Sonntag noch!
Tim

27.10.2013 17:55 • #1


M
Auweia Tim, ein schwieriges Thema.

Manchmal werden ja einige Menschen schlichtweg vergessen. Sie sind von Naturell her zurückhaltend oder nicht so sehr präsent. Das ist mir auch schon passiert, und ich habe mich dann sehr über mich geärgert, weil das einfach gedankenlos ist. Es war aber nie böse gemeint.
Deshalb gestehe ich anderen auch solche Gedankenlosigkeiten zu, ohne mich darüber zu ärgern.
Ich bin nach außen auch eher zurückhaltend und werde manchmal vergessen.

Eigentlich wäre es mir etwas unangenehm, mich selber einzuladen aber uneigentlich erfordern besondere Situationen auch besondere Maßnahmen. Und wenn ich unter Einsamkeit leide, würde ich es einfach ein paarmal ausprobieren.

Ich weiß ja auch nicht, wie sehr diese Leute über deine Behinderung informiert sind. Aber vielleicht merken sie dann, dass Tim viel mehr mitmachen kann, als sie eigentlich dachten. Da besteht vielleicht ein Kommunikationsproblem oder eine gewisse Hemmschwelle. Dann mußt du eben diese Hemmschwelle umwerfen.

Es kommt natürlich auch immer ein bischen darauf an, wie vertraut man mit diesen Menschen ist - aber ich würde es einfach mal ausprobieren. Du hast doch nichts zu verlieren, oder?

27.10.2013 20:52 • #2


A


Hallo Howeynous,

Soziale Einsamkeit überwinden - wann sich selbst einladen?

x 3#3


Pandoras
Hallo Tim,

das selbe kenne ich auch auf eine gewisse Art. Ich habe ebenso die Hemmschwelle, auch bei Einladungen hinzugehen. Ab und zu bekomme ich auf jeden Fall mal welche. Aber mich selber spontan einzuladen würde ich mich glaub ich nicht trauen. Da braucht man ja auch viel Mut dazu

27.10.2013 23:21 • #3


Howeynous
Ja Pandoras... Also zunächst mal: Wenn ich die Person persönlich richtig gut kenne, habe ich bei einer Einladung noch überhaupt keine Hemmungen, hinzugehen. Zum Glück, denn ich hoffe auch nicht, dass es noch dazu kommt.
Eher drücke ich mich vor offenen Veranstaltungen, wo ich die Leute höchstens mal gesehen habe. Vor allem wenn ich weiß, dass die untereinander schon eine feste Gruppe sind. Vor allem, weil ich leider auch noch total schlecht Gesichter einpräge... auf der anderen Seite bin ich natürlich auffällig und jeder, der mich einmal irgendwo gesehen hat, kennt mich. Eine schlechte Kombi, die schon mehrfach zu Peinlichkeiten geführt hat.
Aber ich bin eigentlich überhaupt nicht der Typ, der sich selbst jemals einladen würde. Ich habe es hier nur mal geschrieben, weil wie gesagt meine Therapeutin das vorgeschlagen hat, das Thema hatten wir nämlich auch schon sehr oft.

Ich habe leider auch keinen wahnsinnig großen Freundeskreis, gerade hier vor Ort nicht... also mir fällt jetzt keine Sache aus den vergangenen Jahren ein, von der ich sage, da hätte ich nun wirklich dabei sein MÜSSEN. Ich bin wie gesagt auch niemandem böse. Es ist in jedem Einzelfall auch völlig vertretbar gewesen, mich nicht einzuladen. Aber ich würde mich wirklich freuen, vielleicht doch einmal unerwartet dabei sein zu können. Es geht wie gesagt weiß Gott nicht nur um Feiern... Kinobesuche, Zoobesuche, Kneipenbesuche, Spieleabende, bei allem hatte ich schon mal das Gefühl Mensch, das wäre jetzt doch schön gewesen. Ich möchte aber nicht meinen Freunden im Nachhinein noch ein schlechtes Gewissen machen, das ist auch doof.

Ich gestehe natürlich auch jedem dieses Vergessen zu Martina :)
Gerade mir kann das auch passieren, wo ich gerade auch selber wieder eine Feier plane.
Aber auf lange Sicht in diesem Ausmaß ist das bei mir nicht mehr mit Pech und Vergessen zu erklären.
Meine Therapeutin hat schon mal vorgeschlagen, ich soll vielleicht nur noch die Leute einladen, die das umgekehrt auch tun würden. Dann wird mein Geburtstag aber eine Runde Skat befürchte ich, höchstens Doppelkopf :(
Und es gibt schon viel mehr Leute, die ich gerne dabei hätte und die mir irgendwie am Herzen liegen.

Hätte ich einen klaren besten Freund, der mich außen vor lässt, würde ich ihm das natürlich auch ganz ehrlich und direkt sagen und auch meine Einsamkeit in diesem Zusammenhang ansprechen.
Ist aber nicht so, es waren bisher alles so kann, muss aber nicht-Fälle. Menschen, mit denen ich super gerne zusammen bin, aber keine Freunde im klassischen Sinne. Das macht es irgendwie schwer für mich.

Du hast insofern absolut recht, dass ich mal ein Exempel statuieren müsste, dass man mit mir auch richtig Spaß haben kann. Ich glaube manchmal, die meisten sehen mich dann doch noch irgendwie lediglich als Arbeit oder gutes Gewissen oder so an.
Aber die Behinderung spielt natürlich eine Rolle, das weiß ich auch. Sehr enge Studentenpartys, Sportaktivitäten, Treppen... um nur mal ein paar Beispiele zu nennen.
Ich war dieses Jahr zum Beispiel alleine schon bei 4 Einweihungsfeiern nicht dabei und bin mir ziemlich sicher, dass es in allen Fällen an fehlender Barrierefreiheit im neuen Zuhause gelegen hat.
Aber auch hier hat mir das keiner direkt gesagt und ich vermute nur, dass ich ohne Treppen eingeladen worden wäre. Ich habe ja schon gesagt, in so einem Fall würde es mich dann auch freuen, einfach mal im Vorfeld zu hören Schade, dass du leider nicht rein kommst.

Noch irgendwelche Ideen oder Erklärungen?
Es ist nicht akut schlimm, aber ich fühle mich schon ratlos.

Gute Nacht erstmal :)
Tim

28.10.2013 05:02 • #4


Howeynous
Hallo Moon,

Ja, allgemein stimme ich dir voll zu. Ich weiß selber auch von diesem Problem. Es fällt mir auch wesentlich einfacher, mein eigenes Verhalten, durchaus auch selbstkritisch, zu analysieren, als dann tatsächlich etwas radikal anderes zu machen und zu wagen. Mir fällt aber auch ehrlich gesagt konkret keine Person ein, von der ich sage Ja, bei der müsste ich das jetzt mal ansprechen. Ich bräuchte glaube ich jemanden an meiner Seite, der mir ganz konkret die Bestätigung gibt, dass es in Ordnung wäre, wenn ich Felix (Name erfunden!) frage, warum ich von seiner Feier nichts mitbekommen habe. Allgemein traue ich mich nicht.

Ich glaube, ich bin zu wenig egoistisch manchmal :(
Eigentlich wollte ich morgen Abend auf eine Party gehen. Einfach so, ich bin dort nicht verabredet... und das ist dann immer eine Sache, zu der ich mich auch ein bisschen aufraffen muss. Und ich habe es mir in den letzten Wochen oft vorgenommen und bin dann doch nicht gegangen. Ich bin da innerlich selten wirklich festentschlossen, aber hier zuhause wird sich an meiner Einsamkeit natürlich erst recht nichts ändern.
Jetzt ist der Assistent krank geworden und ein anderer, der für diesen Fall auch klar zugeteilt ist, muss kommen. Er hat aber seinen Vorgänger gefragt, ob der die halbe Nacht machen kann, der hat auch zugesagt, aber ich müsste dann mitten in der Nacht für eine Übergabe zuhause sein und die Party wäre sinnlos. Ich habe der Nachtschicht gesagt, dass mir 1-2 Stunden früher zumindest die Übergabe lieber wäre, eigentlich wäre sie noch früher vorgesehen gewesen... und dann meinte er eben Ja, hmm... *grummel*, ja okay, aber ich habe Familienbesuch und bin Sonntag zum Frühstücken verabredet... aber wenn du meinst... usw...
Wie soll ich darauf reagieren? Ich könnte sicherlich hart bleiben, aber bringt das was? Ich bin gerade jedenfalls nach der zweiten Nachfrage wieder schwach geworden und werde auf meine Pläne verzichten, mit verärgerten Assistenten herum zu spazieren bringt auch nichts und ich bin oft genug auch auf ihren guten Willen angewiesen. Das Leben besteht auch aus Geben und Nehmen, ist mir schon klar. Aber mein Geben ist einfach immer so destruktiv, es bedeutet eigentlich immer etwas aus Rücksicht auf den anderen, insbesondere den Assistenten, NICHT zu tun. In diesem Fall ist das Opfer jetzt mehr als vertretbar... aber ähnlich passiert es ein bisschen zu oft, als dass ich das auch noch als Ausnahmesituation durchgehen lassen könnte. Wie schön wäre es doch, wenn sich jemand mal auf etwas gemeinsames mit mir freuen würde. Gegen die anderen zu leben ist schlichtweg zermürbend und beschissen, auch wenn die Depression dieses Gefühl sicherlich nochmal deutlich verstärkt. Ich möchte übrigens auch nicht gegen die ganze Welt austeilen, ich habe schließlich selber eine anerkannte Erkrankung, die dieses Gefühl vielleicht auch überhaupt erst aufkommen lässt.

Ich habe aber auch das Gefühl, dass viele oder alle nur wollen, dass es mir besser geht, solange sie selber nichts dafür tun müssen. Beispiele brauche ich gar nicht zu erwähnen, ob es tatsächlich so ist weiß ich ohnehin nicht.

Sorry, ich wollte mich nur mal ein bisschen auskotzen,

Tim

02.11.2013 01:37 • #5


G
Mir fällt auf, dass du geschäftliches und privates nicht trennst. Das solltest du ganz klarmachen. Sprich: dein Assistent ist dein Assistent ist dein Assistent. Das wird kein Freund oder Saufkumpane. Das ist die falsche Adresse dafür. Eine Beziehung wie bei ziemlich beste Freunde ist sehr selten und auch für Gesunde kaum erreichbar.

Ich will auch damit sagen, du bist der Chef. Wenn du auf eine Party willst, dann ist da so. Ob der Assi dann eine Familienfeier hat oder nicht, muss dir im Prinzip egal sein. Das ist sein Job, und wenn ihm seine Arbeitszeiten nicht gefallen, muss er sich einen anderen job suchen. Natürlich will man niemanden vor den Kopf stoßen, aber dein Assi wird dafür bezahlt, dass er dir zur Hand geht. Und nicht, dass du ihm zu Liebe deine privatvergnügen aufgibst. B. ist B. und Schnap. ist Schnap. - und so solltest du das mit Assistenten auch halten.

02.11.2013 12:04 • #6


Howeynous
Hallo ,

O.k., zu einem Teil konnte dieser Eindruck vielleicht wirklich entstehen. Und zu einem Teil könnte man auch wirklich darüber reden, ob ich da was ändern könnte.
Aber um es mal klarzustellen: Hier herrscht schon Arbeitsklima! Ich denke, im Schnitt rede ich vielleicht pro 8-Stunden-Schicht 5 Minuten persönliches - ist das schon zu viel?

Vielleicht habe ich wirklich zu viel eine Wunschvorstellung ähnlich wie in Ziemlich beste Freunde, auch wenn es das in Realität natürlich nicht gibt.
Andererseits gibt es aber auch das andere Extrem wie ich finde - einige scheinen zu denken, das sei vergleichbar mit Waschen und Anziehen im Altersheim. Das ist nicht so, irgendwie hocken wir ja doch den ganzen Tag aufeinander und wenn ich jeglichen persönlichen Kontakt vermeide, fühle ich mich unwohl beobachtet in meiner Privatsphäre - wenn ich mich gut mit dem Typen verstehe ist das nicht so.

Schönen Start in die Woche!
Tim

04.11.2013 06:10 • #7


G
Oha, da hast mich aber missverstanden. Ich meinte nicht, dass du nicht mit deinem Assi auch persönlich reden sollst.aber ich las in einem anderen Thread, dass du z.b. schon einmal enttäuscht warst, weil dich dein Assi nicht eingeladen hatte. Und damit wollte ich nur sagen, das wäre auch die falsche Adresse.
Ich merke nur, dass du sehr darauf fixiert bist Freunde zu finden. Sagen wir es mal so, ich mag meine Chefs und würde auch mal mit ihnen einen trinken gehen, aber freunde werden die nicht. Bekannte ja, aber nicht Freunde. Und als solche sehen dich deine Assistenten wahrscheinlich auch.

Andere Frage: hast du mal von dir aus etwas in die Wege geleitet, wie ein Abend in der Kneipe oder so? Ich habe nämlich den Eindruck, dass du viel zu sehr darauf wartest, dass dich einer anspricht. Aber ich schätze du musst selber aktiv werden.

04.11.2013 11:48 • #8


Katie
Hallo Tim,

ich lese nun seit einigen Tagen mit wachsender Aufmerksamkeit diesen Thread mit.
Eine interessante Frage, die du aufgeworfen hast! Sie wäre im Grunde sogar geeignet, um bei der Kampagne der AKTION MENSCH 2013 eingereicht zu
werden.

Inklusion braucht Fragen !

Obwohl die UN Behindertenrechtskonvention bezüglich Inklusion hier in Deutschland bereis 2009 in Kraft getreten ist,
kommt es mir immer wieder so vor, als rede man von etwas ganz Neuem, wenn es denn darum geht, weiter an den bereits bestehenden Ausgleichs-
möglichkeiten zu feilen, um Missstände erstmal noch aufzudecken, bewusst zu machen, damit sich Veränderungen zum Positiven weiter entwickeln
können.
Die Ausbildung der Assistenten müsste anspruchsvoller sein, darüber herrscht einhellige Zustimmung.
meinte dazu:
Zitat:
Sprich: dein Assistent ist dein Assistent ist dein Assistent. Das wird kein Freund oder Saufkumpane


Darum geht es natürlich auch nicht.

Allerdings beinhaltet die Aufgabe eines persönlichen Assistenten, Brücke zu sein zwischen der Person, die Einschränkungen ausgleichen muss und dem
normalen Leben. Dabei wird auch Wert darauf gelegt, dass derjenige, ermutigt und ermuntert wird, sich auf seine Vorhaben zu freuen (soweit möglich).
Dass Assistenten einfühlsam die Hürden ausgleichen, die die Bewältigung eines ganz normalen Alltags erschweren, sollte Grundhaltung sein.
Zitat von Howeynous:
einige scheinen zu denken, das sei vergleichbar mit Waschen und Anziehen im Altersheim. Das ist nicht so, irgendwie hocken wir ja doch den ganzen Tag aufeinander


Das kann ich sehr gut verstehen und nachvollziehen Tim. Und ich denke, um das zu verstehen, muss man nicht selbst ein Handicap vorweisen.
Jeder weiß, wie es auf´s Gemüt drückt, wenn das Umfeld mit mieser Laune auf berechtigte eigene Interessen reagiert.
Als sehr plattes Beispiel nehme ich jetzt nur mal *SIE* möchte ihre Lieblingssendung anschauen, *ER* möchte gleichzeitig die Sportschau sehen.

Aus deinen Sätzen lese ich stets heraus, dass du die Interessen anderer im Auge behalten willst. Wer von dir als persönlichem Assistenten betreut
würde, hätte echt Glück!
Ich glaube, aus deiner eigenen Haltung anderen gegenüber hat sich die Vorstellung eines freundschaftlichen Miteinanders ergeben - und das ist nach
meiner Ansicht und Erfahrung auch gar nicht verkehrt.
Leider findet man die entsprechenden Menschen eher selten. Aber ich kann dir Mut machen: es gibt sie. Manche müssen nur noch einiges
dazulernen.
Ich füge hier der Einfachheit halber ein Zitat aus der Zeitschrift für Inklususion, Nr. 1 (2010) ein.

Zitat:
Ute Fischer: Bindungstheoretische Impulse für eine inklusive Pädagogik -
Ansätze zur Kompetenz- und Autonomieentwicklung in der heilpädagogischen Arbeit
Vortrag an der Katholischen Hochschule Berlin am 06.07.09.
Abstract:
Inklusion ist ein langfristiger Prozess, der bereits mit den Bemühungen der vergangenen Jahre um Normalisierung, Selbstbestimmung und Teilhabe begonnen hat. Inklusive Lebenszusammenhänge bieten Menschen mit und ohne Behinderung Erfahrungen und Entwicklungschancen, die jedoch nur genutzt werden können, wenn die (Sicherheits-) Bedürfnisse aller Beteiligten ausreichend beachtet werden. Bindungstheoretische Überlegungen können dazu beitragen. Menschen mit schwerer geistiger Behinderung, auffallendem Verhalten und hohem Betreuungsbedarf benötigen feinfühlig assistierende Begleitpersonen als „Brückenbauer zwischen den Welten“, die gelingende Interaktionen in der Öffentlichkeit so unterstützen, dass wechselseitiges Verständnis wachsen kann und allmählich auch Beziehungen entstehen, die zum Wohlbefinden aller im Zusammenleben beitragen.



Zusammenfassend kann ich sagen, dass ich mich keinesfalls selbst einladen würde. Das ist schlichtweg zu viel verlangt für mich persönlich.
Liebe Grüße

07.11.2013 16:46 • #9


A


Hallo Howeynous,

x 4#10


Howeynous
Hallo Katie,

Tut mir leid, denn viiiiel zu spät werde ich auf deine Stellungnahme wenigstens ganz kurz antworten^^.
Ja, im großen und ganzen sehe ich das ähnlich wie du vor sage und schreibe 5 Monaten geschrieben hast.
Wobei ich ehrlich gesagt mit dem Begriff Inklusion inzwischen sparsam umgehe - der wird mir einfach in letzter Zeit viel zu inflationär verwendet und oft genug bleibt es im Reich der Theorie stecken.

Es ist mir auch wichtig, zu betonen, dass gerade bei meinen Assistenten auf keinen Fall B. und Schnap. vermischt werden - ich müsste da vielleicht manchmal für meinen Teil ein bisschen darauf aufpassen, aber meine Assistenten sorgen automatisch dafür, dass genügend Distanz bestehen bleibt. Ich will und muss eher noch etwas dagegen Steuerung, damit es nicht unangenehm distanziert wird.

Ich habe mich übrigens in der Zwischenzeit einmal versucht, selber einzuladen: Auf einem offenen Spieleabend, den ich schon seit Jahren regelmäßig besuche, haben wir einmal zu viert ein neues Spiel ausprobiert und nachdem wir knapp 4 Stunden gespielt haben, wollten die anderen am Tisch sich in der nächsten Woche privat treffen, um das Spiel nochmal zu spielen, weil wir einige Dinge erst im Laufe des Spiels einigermaßen verstanden haben. Mein Versuch, bei dem privaten Treffen auch wieder dabeizusein, endete aber mangels Rollstuhlzugänglichkeit in einem Fiasko... es ist aber auch generell nicht meine Art und das möchte ich auch so schnell nicht wieder versuchen..

Eine Frage würde ich gerne noch in die Runde werfen:
wie wichtig ist es in guten oder ausbaufähigen Freundschaften, dass man sich hin und wieder real trifft?
Ich lege da innerlich großen Wert darauf, vielleicht zu viel... ich lerne regelmäßig im Internet nette Leute kennen, am Anfang schreiben wir wie wild miteinander, dann versuchen wir mal ein reales Treffen zu vereinbaren, die andere Seite hat chronisch keine Zeit oder kein Geld dafür, ich bin leider auch nur in begrenztem Radius mobil, und wenn da über Monate nichts zustande kommt, wird meistens automatisch auch der Mailkontakt wieder immer weniger... schon gefühlte 100x so oder so ähnlich passiert. Woher kann das kommen und was kann ich dagegen tun?
Es ist dabei fast egal, die Leute quasi schon bei mir im Ort wohnen oder am anderen Ende Deutschlands... man kann über alles schreiben, aber mehr als eine gemeinsame Unternehmung bekomme ich ihnen über Jahre nicht rausgelockt.
Umgekehrt fantasiere ich in dieser Hinsicht auch zu viel: wenn ich jemanden nett finde, male ich mir innerlich schon gleich irgend ein gemeinsames Abenteuer im Jahr 2017 oder so aus. Natürlich sollte man sich dazu aber erstmal überhaupt getroffen haben :)

Ach, ich fühle mich einfach in jeglicher Hinsicht alleine.
Letzte Woche habe ich in meiner Spieleabendgruppe eine private Runde eines bestimmten Spiels vorgeschlagen, weil ich einfach mal wieder Lust auf dieses Spiel hatte und keine Mitspieler dafür finde.
Mein Angebot wurde 92x gelesen und nicht ein einziges Mal kommentiert oder beantwortet... ist nur Facebook, aber das habe ich so bei anderen Anfragen in der Gruppe noch nie erlebt. Nichts wildes, aber es passt einfach ins Gesamtbild.
Ich schreibe gerade meine Masterarbeit und am Abend nach meiner Abgabe möchte ich mit Freunden gemütlich am See grillen. Ich sehe da allerdings das nächste Fiasko schon kommen - wahrscheinlich kommen 3-4 Assistenten aus Pflichtgefühl und sonst niemand.

Ich gebe übrigens niemandem die Schuld für irgendwas... ist mir völlig klar, dass ich selber wohl irgendetwas falsch mache in meinem Sozialleben.
Wäre nur mal sehr hilfreich zu wissen, wenn ich konkret wüsste, WAS...

So long und eine gute Nacht euch allen!
Tim

10.04.2014 05:22 • #10

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