Meine Mutter, meine Schwestern und ich haben alle falsche Konfliktbewältigungsprägungen abbekommen und haben alle massive Kindheitstraumata.
Meine Mutter und Schwestern haben sich nur in fachliche Behandlung begeben, wenn es ihnen hundsmiserabel ging und danach wieder nicht mehr. Das war bei mir Jahrzehntelang auch so, weil ich dachte, wenn die schweren depressiven Episoden weg waren, ich sei wieder gesund.
In diesen Konfliktbewältigungsprägungen geht es immer nur um Gewinnen oder Verlieren bzw. Leben oder Sterben, alles ist emotional hoch dramatisch aufgeladen, wirklich existentiell.
Erst seit vor 11 Jahren meine richtigen Diagnosen kamen und ich seitdem durchgehend alle Behandlungsangebote und Selbsthilfe in Anspruch nehme, kam ich so nach und nach hinter den ganzen Schlamassel, vorher war ich, krank wie ich war, gar nicht dazu in der Lage, ihn zu erkennen.
Das bedeutete, dass ich vor gut 2 Jahren den Kontakt zu meiner Herkunftsfamilie abbrechen musste, weil ich jetzt offen mit erwachsenen Augen sehe, und nicht nur ich, sondern alle, die dabei sind, ebenso sehen, wie absolut irrational, nicht nachvollziehbar, aggressiv, offen und durchschaubar lügnerisch und verleumderisch, ignorant und verächtlich miteinander umgegangen wird und wie hochgradig hysterisch und übergriffig. Verbaler und emotionaler Psychoterror.
Egal, was ich sage oder mache, um zu deeskalieren, um zu stoppen, das Ganze ist ein Selbstgänger, ich reiche vollauf als Publikum, egal, was ich sage oder schweige, ob ich die Monologisierenden anschaue oder auf den Boden schaue, davon hängt überhaupt rein gar nichts ab.
Ich lehne als Erwachsene aufs Schärfste ab, so behandelt zu werden. Das ändert aber auch nichts, also habe ich den Kontakt abgebrochen. Was noch an Kontakt da ist, weil meine Eltern finanzielle Unterstützung brauchen, regelt mein Mann.
Meinen Vater, der im Altenheim ist, würde ich noch besuchen, denn er war nur ein ewig Flüchtender, aber das ist viel zu nah an den anderen, geht also nicht und da mein Vater sich nie ein Bein für mich ausgerissen hat oder hätte, tue ich das nun umgekehrt auch nicht.
Das ist aber noch nicht alles.
Mein inneres Kind, das schon erheblich erwachsener geworden ist, und ich als Erwachsene stimme ihm zu, sieht ja, was da für eine giftige und überwältigende und für ein Kind ganz und gar traumatisierende Dynamik noch heute in meiner Herkunftsfamilie nach wie vor weitergeht.
Und seine Empörung, wie ich mich selber Jahrzehntelang selbst sabotierte und schädigte und ausnutzen ließ, um meiner Familie nahe zu bleiben, ist riesig. Also, wenn ich dort in den letzten Jahren hinfuhr, bekam ich nach wie vor wochenlang vor und nach der Reise schlimmste schwer depressive Zustände, weil mein inneres Kind sich von mir verraten fühlte.
Meine Herkunftsfamilie hatte aber nicht nur diese Seite. Es gab immer abwechselnd und willkürlich Liebe und Krankheit. Jedenfalls liebe ich meine Familie nach wie vor und kann mir das jetzt auch aus der sicheren Distanz leisten, ohne Angst zu haben, dass mich meine Liebe überrumpelbar macht.
Darum ist der Eltern-Kind-Kontakt für mich persönlich ganz und gar nicht so schematisch abzuhandeln, wie es der psychotherapeutisch fortgebildete Heilpraktiker im Video tut. Er vergisst die Liebe, er vergisst sie inhaltlich, aber auch in Ton und Mimik, Gestik und Sprache.
Seine Eltern einfach abhaken kann keiner. Wir sind keine Nestflüchter, die ihre Eltern dann abhaken. Wir gehören, weil er im ersten Vortrag selber damit argumentiert, zu den Säugetieren, die lebenslang in Familiensippen lebten Jahrtausende lang und heute, wenn es eben funktioniert, nach wie vor eine Bindung zu ihren Eltern und Geschwistern behalten.
Kulturell und religiös gelten Familientraditionen und Generationenabfolge viel. Das ändert sich erst in den letzten Jahrzehnten, aber die kollektiven Werte sind nach wie vor da.
Daher muss es leider bei vielen Entwicklungstraumatisierten so sein, wenn jegliche Einsicht der Eltern fehlt, den vergifteten und vergiftenden Kontakt zu beenden, aber innerlich bleibt immer eine Bindung bestehen.
Und wer immer Familie hat, die änderungsbereit sind, hat ein Riesenglück.
Und es gibt unzählige Varianten von Familien, wo nicht klar ist, ob die Liebe oder das Gift überwiegen.
So einfach ist die Sache also nicht.
Ich musste aus der Familie raus. Aber in mir drin und in meiner Liebe ist meine Familie nicht raus und das ist auch gut so, denn ich fühle mich eingebunden in das Generationennetzwerk, das ich wichtig finde. Auch wenn es mit meiner Herkunftsfamilie nicht aktiv sein kann.
Liebe Grüße! maya
02.03.2020 05:04 •
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