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Meine Familie ist mir fremd geworden

A
Ein Hallo an alle da draussen

Kennt ihr das Gefühl wenn ihr mit eurer engsten Familie (Eltern + Geschwister) in einem Raum seid und euch fühlt wie unter Fremden, wie auf einer Party bei der sich alle kennen, nur du kennst niemanden? Nach meinem Psychischen Zusammenbruch im Herbst 2018 war es endgültig an der Zeit einige Dinge zu ändern, vieles ist seither passiert, nur das Verhältnis zu meiner Familie bleibt so kühl und distanziert wie immer. Meine Eltern haben sich nie gut verstanden, immer in getrennten Betten geschlafen, mit meiner Schwester habe ich oft gestritten und sie hat mich Psychisch wirklich fertig gemacht, ja, es hätte einiges besser laufen können in meiner Kindheit. Im nachhinein betrachtet hat das unterkühlte Emotionale Umfeld Zuhause mich schon als ich Kleinkind sehr belastet. Ich bin feinfühlig und ein wirklich emotionaler Mensch. Eigentlich. Das musste ich Jahre lang hinter dicken Mauern verstecken weil ich sonst zu Grunde gegangen wäre, aber schlussendlich hat mich die Emotionale Abschottung eben auch zu Fall gebracht. Aus diversen Gründen mussten mein Mann (zurzeit selbst schwer Depressiv und Arbeitslos) zurück zu meinem Vater ziehen. Als wir weiter weg gewohnt haben war es leicht zu ignorieren dass meine Familie keine wirkliche Familie ist, aber jetzt wo ich alle 3 wieder regelmässig sehe verhält sich das anders. Ja es ist auch meine Schuld dass wir in den letzten 10 Jahren nur das nötigste an Kontakt hatten weil es mich immer so sehr belastet hat in diese Emotional eisige Umfeld zurückzugehen.

Jetzt zum eigentlichen Problem: Wie gesagt es ist einiges nicht Ideal gelaufen, aber warum kann ich mich nicht oder kaum an Positive Erlebnisse aus meiner Kindheit erinnern? und von denen gab es viele. Wir waren oft Wandern, haben viel gebastelt und spiele gespielt, ich durfte ins Reitlager in den Ferien, alles auf Fotos festgehalten, liebevoll eingeklebt, beschriftet usw. Ich weiss also dass diese Dinge stattgefunden haben, aber erinnern tue ich mich nicht. Nicht an die Ereignisse an sich noch auf einer emotionalen Ebene an Glücksgefühle oder ähnliches. Wie kann es sein das wenn ich z.B. an die Vergangenheit mit meiner Schwester denke mich nur negative Erinnerungen überrollen und alle anderen wie ausgelöscht sind? Mittlerweile tut sie nichts mehr schlimmes, sie hat die hälfte meiner Hochzeit organisiert, mir mit meinen Autos geholfen usw. also viele gute Dinge. Trotzdem sehe ich sie noch immer in dem schlechten Licht von damals und egal was ich tue der negative Nebel der über allem liegt lässt sich nicht vertreiben. Das selbe gilt auch für meine Eltern. Ich bin geprägt von all den schlechten Erinnerungen und sehe nicht die Personen die sie jetzt sind, sondern die Monster (etwas übertrieben) von damals. Denn wenn ich sehe wie sehr ich mich in den letzten Jahren verändert habe, da können sie ja kaum die selben geblieben sein oder?

Könnt ihr mir irgend einen Rat geben wie ich diese Wand aus negativen Gefühlen und Erinnerungen einreissen, oder von mir aus auch mühsam Stein für Stein abtragen kann? Denn mittlerweile habe ich eingesehen dass es nicht an ihren fehlenden Bemühungen liegt, sondern daran dass ich sie nicht nahe genug an mich heran lasse um unser Verhältnis wieder zu verbessern.
Es ist aber dringen nötig etwas zu verändern da mich sonst der tiefe Abgrund der Depressionen früher oder später wieder in seine Arme schliessen wird, da bin ich mir sicher.

Vielen Dank falls ihr euch die Zeit nehmt mir zu Antworten.
Anais

24.04.2020 13:29 • #1


Pilsum
Hallo Anais,

im Diskussionsforum begrüße ich Dich.
Deinen Beitrag habe ich interessiert gelesen.

So ganz habe ich nicht verstanden, wo Du bisher Dein Problem siehst.

Wenn Du überwiegend negative Erinnerungen gespeichert hast, was hat Dir denn dann früher gefehlt?
Waren es Wärme und Verständnis Deiner Eltern?
Fühltest Du Dich zurückgesetzt?
Fühlst Du Dich benachteiligt?
Zitat:
Könnt ihr mir irgend einen Rat geben wie ich diese Wand aus negativen Gefühlen und Erinnerungen einreissen,
oder von mir aus auch mühsam Stein für Stein abtragen kann?


Etwas, was Du beseitigen möchtest, musst Du zumindest verständlich beschreiben können.
Hast Du schon mal eine psychologische Beratung zur Hilfe in Anspruch genommen?
Zitat:
Denn mittlerweile habe ich eingesehen dass es nicht an ihren fehlenden Bemühungen liegt, sondern daran
dass ich sie nicht nahe genug an mich heran lasse um unser Verhältnis wieder zu verbessern.


Das ist möglich. Gehst Du mit anderen Menschen, welche nicht zur Familie gehören auch so
distanziert um?
Und wie gehst Du mit Dir um? Magst Du Dich selbst leiden?
Zitat:
Es ist aber dringen nötig etwas zu verändern da mich sonst der tiefe Abgrund der Depressionen früher oder
später wieder in seine Arme schliessen wird, da bin ich mir sicher.


Wenn Du das so siehst, dann nimm Deinen Mut zusammen und ändere einige Deiner Sichtweisen.

Viele Grüße

Bernhard

24.04.2020 14:15 • x 1 #2


A


Hallo AnaisDeLune,

Meine Familie ist mir fremd geworden

x 3#3


A
Hey Bernhard vielen Dank für deine Antwort und ich habe geahnt dass ich nicht ganz auf Papier bringen konnte was ich gerne sagen möchte.

Ja ich habe mich zurückversetzt und benachteiligt gefühlt, das verständnis und die Wärme waren zumindest von seiten meiner Mutter da, sie konnte jedoch auch nicht ausgleichen was die anderen versäumten. Meine Schwester hat mir Jahre lang, leider erfolgreich, eingeredet dass ich nichts wert bin und es nie zu etwas bringen werde, genau so wie mein Vater sich überhaupt nicht am Familienleben beteiligt hat.

Ich war 6 Monate in einer Tagesklinik, seither auf ambulanter Basis alle 2-3 Wochen bei meiner Psychologin aber irgendwie komme ich auch da nicht so weit wie ich gerne hätte.

Mit meinen Freunden und auch Menschen die ich neu kennen lerne bin ich sehr offen und auch bereit nähe auf emotionaler Ebene zu zu lassen, da scheint es also kein Problem zu sein.
Mich selber mag ich mittlerweile ganz gerne auch wenn es manchmal noch immer schwierig ist. Wenn die Situation Zuhause entspannt ist Liebe ich mich sogar (ein bisschen zumindest) ... aber je schlechter die Umstände um mich herum werden desto eher verfalle ich in alte Verhaltensmuster und kann mich immer weniger leiden. Ein Teufelskreis.

Wie gesagt es hat sich seit 2018 schon viel verändert, leider versagt mir unsere Finanzielle Situation und der Gesundheitszustand meines Mannes zurzeit das weiterkommen. ( Auch meine Berufliche Situation ist eine starke Belastung) In meinem Kopf bin ich schon so viel weiter, nur muss ich mich jetzt gedulden bis sich mein Leben endlich meinen Vorstellungen anpassen kann.

Liebe Grüsse
Anais

24.04.2020 15:07 • x 1 #3


T
Zitat von AnaisDeLune:
Ja es ist auch meine Schuld dass wir in den letzten 10 Jahren nur das nötigste an Kontakt hatten weil es mich immer so sehr belastet hat in diese Emotional eisige Umfeld zurückzugehen.

Also als deine Schuld, liebe AnaisDeLune, würde ich das jetzt nicht sehen.
Du hast lediglich deinen Entschluss aus Prägung und Belastung gezogen.
Wer würde schon dahin zurück gehen, wo man nur negatives erlebte, Kontakt halten mit denen, die einem nichts Positives vermittelten?
Richtig, eigentlich keiner.

Zitat von AnaisDeLune:
Jetzt zum eigentlichen Problem: Wie gesagt es ist einiges nicht Ideal gelaufen, aber warum kann ich mich nicht oder kaum an Positive Erlebnisse aus meiner Kindheit erinnern? und von denen gab es viele. Wir waren oft Wandern, haben viel gebastelt und spiele gespielt, ich durfte ins Reitlager in den Ferien, alles auf Fotos festgehalten, liebevoll eingeklebt, beschriftet usw. Ich weiss also dass diese Dinge stattgefunden haben, aber erinnern tue ich mich nicht. Nicht an die Ereignisse an sich noch auf einer emotionalen Ebene an Glücksgefühle oder ähnliches.

Das mag daran liegen, dass negative Erlebnisse schwerer wiegen und einen Menschen mehr im Gedächtnis bleiben als die guten. Wenn das Verhältnis zwischen guten und negativen Erlebnissen auch noch im Ungleichgewicht ist, dann verschwinden die guten ganz schnell.
Im Grunde ist das Prinzip auch einfach. Ich kann dir jetzt Aufmerksamkeit schenken, biete dir was leckeres zu essen an und danach verprügele ich dich. Hat meine erste Aktion, das Positive, noch irgendeinen Wert? Ich denke nicht.
Wenn deine Schwester dich psychisch fertig macht, ist alles Gute, was sie tat, passé. Im übrigen gilt dasselbe auch für deine Eltern.

Zitat von AnaisDeLune:
Mittlerweile tut sie nichts mehr schlimmes, sie hat die hälfte meiner Hochzeit organisiert, mir mit meinen Autos geholfen usw. also viele gute Dinge. Trotzdem sehe ich sie noch immer in dem schlechten Licht von damals und egal was ich tue der negative Nebel der über allem liegt lässt sich nicht vertreiben.

Deswegen musst du dich nicht schlecht fühlen.
Immerhin stehen all die negativen Taten immer noch und du musst kein schlechtes Gewissen haben, ihr nicht direkt zu vertrauen, zu verzeihen und sie positiver zu sehen.
Sie ist da am Zug, es irgendwie wieder gut zu machen und du entscheidest, wann es soweit ist.

Zitat von AnaisDeLune:
Könnt ihr mir irgend einen Rat geben wie ich diese Wand aus negativen Gefühlen und Erinnerungen einreissen, oder von mir aus auch mühsam Stein für Stein abtragen kann?

Du kannst parallel zu allem mit einer Therapie deine Gefühle aufarbeiten.
Aber denke daran, dass es nicht dein Job ist, schnellstmöglich Friede, Freude, Eierkuchen zu stiften.

24.04.2020 15:18 • x 2 #4


Pilsum
Hallo Anais,
Zitat:
ich habe geahnt dass ich nicht ganz auf Papier bringen konnte was ich gerne sagen möchte.


Ist ja auch nicht so einfach, so etwas in kurze Texte hinein zu bringen.
Jetzt denke ich habe ich es schon ein bisschen besser verstanden.

Schade, dass Deine Schwester Dich wenig unterstützt hat. Hat sie Dich beneidet?
Warst Du ihr überlegen oder warum hat sie versucht Dir etwas Negatives einzureden?

Welche Interessen hat denn Dein Vater verfolgt, wenn nicht die Gemeinsamkeit mit der Familie?
Zitat:
Mich selber mag ich mittlerweile ganz gerne auch wenn es manchmal noch immer schwierig ist. Wenn die Situation Zuhause entspannt ist Liebe ich mich sogar (ein bisschen zumindest) ... aber je schlechter die Umstände um mich herum werden desto eher verfalle ich in alte Verhaltensmuster und kann mich immer weniger leiden. Ein Teufelskreis.


Das kann ich nicht so recht verstehen. Wenn Du es schaffst, Dich zumindest zeitweise zu lieben
ist das wunderbar. Dich selbst zu lieben darf nicht von Deiner Familie abhängig sein.
Selbstliebe sollte zu einem großen Teil aus Deiner Intelligenz und Deinen heutigen Erfahrungen mit anderen
Menschen stammen.
Wie ist es möglich, dass Dir Deine Erinnerungen und die Erlebnisse mit Deiner Familie diese
Selbstliebe streitig machen?
Suchst Du immer noch die Anerkennung Deiner Familie, damit Du Dich gut fühlst?

Zitat:
Wie gesagt es hat sich seit 2018 schon viel verändert, leider versagt mir unsere Finanzielle Situation und der Gesundheitszustand meines Mannes zurzeit das weiterkommen. ( Auch meine Berufliche Situation ist eine
starke Belastung) In meinem Kopf bin ich schon so viel weiter, nur muss ich mich jetzt gedulden bis sich
mein Leben endlich meinen Vorstellungen anpassen kann.


Dann scheinst du auf einem guten Weg für Dich zu sein.
Viel Erfolg für Dich und vor allem glaube an Dich selbst.

24.04.2020 16:23 • x 1 #5

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