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Es muss was passieren

G
Kein Plan, wollt ich einfach nur mal loswerden, in den leeren Raum sagen. Mag ein wenig unsortiert sein:

Ich wünsche mir so sehr eine Beziehung, aber alles was ich tue, ist nur zu Hause rumsitzen. Ich fände es einfach toll, mich um jemanden sorgen zu können; für jemanden über mich hinaus wachsen zu können, mich auf jemand Neues einstellen zu können, etc.

Aber da ist immer so viel Angst in mir und ich weiß nicht warum. Ich will es doch einfach nur einmal erleben. Nur für ein paar Jahre; dann bin auch ein Stück weit mehr bereit, von dieser Welt zu gehen.

Mir wurde jüngst zweimal die soziale Angststörung attestiert. Ich vertraue allgemein ziemlich wenig Menschen. Aber wenn ich es tue, dann ist auf einmal viel mehr Energie in mir. Ich blühe regelrecht auf. Bin nicht andauernd blockiert - das ist stetig wechselhaft. Hängt von der Tagesform ab und das nervt einfach nur.

Ich habe keine Lust auf oberflächliche Sachen, allerdings hab ich auch so eine komische Wunschvorstellung von Beziehung. Ich weiß nicht, ob ich das verständlich rüberbringen kann: es ist so ein gemeinsames Depri-sein, währenddessen um uns beide herum die Welt zerbricht. Hört sich vielleicht kitschig an. Ist wohl ein wenig verschroben.

Aussehen ist bei mir kein Problem: Ich bekomme viele Blicke, gute Rückmeldungen, gelegentlich wird man nervös (stottern, Vergesslichkeit). Finanziell bin ich aber unterlegen. Ein festes Netz von Freunden habe ich nicht. Eben auch wegen der sozialen Angst: meistens blocke ich Anfragen nach irgendeiner Freizeitunternehmung ab. Jahrelang hatte ich mich auch in sozialen Netzwerken nicht blicken lassen, weil mir Selbstdarstellung immer geschmerzt hat.

Von den Interessen her: ich bin halt so ein bisschen nerdy, d.h. autodidakt und son Zeug. Das gibt mir ein Gefühl von Sicherheit in einer unberechenbaren Welt. So sind halt die wenigsten. Das lässt mich sonderbar wirken, wenn ich es rauslasse, was ich aber für gewöhnlich nicht tue. Nur bei Menschen, die auch so sind. War jetzt zweimal in der Klinik so: Die eine war sehr intelligent, aber viel zu jung (sie dachte, ich sei jünger) und die andere, kein Plan, auch sie hatte Interesse, aber ich habe mich so unterlegen gefühlt, weil sie Doktorandin ist.

Alle, die ich wunderschön und interessant finde, sind meist schon vergeben. Wohl aus gutem Grund. Das nervt. Wenn ich schon höre, sie hat einen Freund, ist das der ultimative Ausknipser jeglicher Motivation für mich, irgendwas zu versuchen. Kann mir nichts Peinlicheres vorstellen als irgendjemandem hinterherzusimpen.

Weiß halt nicht, was ich tun soll. Vieles hängt halt mit Kindheit zusammen. Will ich auch nichts zu erzählen, jeder hat seine eigene Story. Muss unbedingt Psychotherapie machen, aber auch da hat sich so eine generelle Unlust eingestellt. Ich sag mir ständig, dass ich keine weitere Hilfe mehr verdient hätte und dass es sowieso nicht von Erfolg gekrönt wäre. Ja, ich weiß, ist echt dumm.

27.07.2022 21:25 • x 7 #1


Pessimist
@Grothszes Dein Text hätte auch zu einem sehr großen Teil von mir sein können! Das Spiel geht mit mir schon über 30 Jahre so! Schön ? Nein, nicht nur zu einem großen Teil, fast gänzlich!
Ich sehe gerade, Du bist ja noch recht jung, ich werde 60. Dennoch werde ich immer viel jünger geschätzt, nützt mir aber auch nichts.

27.07.2022 21:54 • x 4 #2


A


Hallo Grothszes,

Es muss was passieren

x 3#3


Stromboli
Lieber Grothszes
Ich schließe ein bisschen an Pessimist an, bin sogar noch ein paar Jahre älter als er - was du beschreibst, hätte lange Zeit in meinem Leben sinngemäß auch von mir sein können, wenn auch nicht in allen Details und heute ist es anders. Aber das Verzweifeln an den inneren Mauern, die es verunmöglichen, dass die tiefe Sehnsucht nach einer innigen Beziehung einen Weg finden könnte, die ist mir sowas von vertraut und erst in den letzten Jahren darf ich erleben, dass diese Mauern durchlässiger werden. Das hat sehr viel Durchhaltewillen gebraucht, aber bitte lies das jetzt nicht so, dass ich den hätte und du halt nicht, denn ich habe mich selten willensstark gefühlt in diesen Prozessen. War es aber offenbar doch und so wirkt das auf mich auch, was DU schreibst.
Lange Rede, kurzer Sinn: Gib deine Sehnsucht und deinen Wunsch nach einer Beziehung nicht verloren.
Alle Daumen sind für dich gedrückt.
Stromboli

27.07.2022 22:23 • x 5 #3


G
Zitat von Stromboli:
was du beschreibst, hätte lange Zeit in meinem Leben sinngemäß auch von mir sein können, wenn auch nicht in allen Details und heute ist es anders.

Das finde ich super!

Zitat von Stromboli:
erst in den letzten Jahren darf ich erleben, dass diese Mauern durchlässiger werden

Was für einen Stellenwert hat Psychotherapie da für dich gehabt?

Zitat von Stromboli:
denn ich habe mich selten willensstark gefühlt in diesen Prozessen. War es aber offenbar doch und so wirkt das auf mich auch, was DU schreibst.

Das ist gut zu hören. Aber leider werde ich wieder in den alten Trott fallen und das Gefühl nicht loswerden, alles Mögliche im Leben zu verpassen. Und das Gefühl, unwiederbringlich auf dem falschem Pfad zu sein. Oft gebe ich deswegen auf, weil ich mich außerstande fühle, etwas gegen meine ankonditionierte zweite Natur zu tun.

28.07.2022 08:50 • x 1 #4


Ziva
Lieber Grothszes,

ich habe mich eben erstmal ein wenig erschreckt. Wenn ich mir deinen Beitrag durchlese, dann klingt es so, als seist du viel älter als du es tatsächlich bist. Ja, ich habe kurz in dein Profil gelunst da ist es passiert. 31. Das ist wirklich nicht alt.
Zurückzuführen auf diese Aussage:
Zitat von Grothszes:
Nur für ein paar Jahre; dann bin auch ein Stück weit mehr bereit, von dieser Welt zu gehen.


Zitat von Grothszes:
Ich vertraue allgemein ziemlich wenig Menschen. Aber wenn ich es tue, dann ist auf einmal viel mehr Energie in mir. Ich blühe regelrecht auf. Bin nicht andauernd blockiert - das ist stetig wechselhaft.

Das kann ich sehr gut nachfühlen, denn ich kenne es von mir selbst.


Zitat von Grothszes:
Ich sag mir ständig, dass ich keine weitere Hilfe mehr verdient hätte und dass es sowieso nicht von Erfolg gekrönt wäre. Ja, ich weiß, ist echt dumm.


Dein Thema hier heisst es muss was passieren. Und du wünscht dir eine Veränderung so sehr, das lese ich in jedem deiner Sätze. Ich weiß wohl, wie schwierig es ist, wenn die eine Stimme sagt, dass sich was ändern muss, damit es besser geht, die andere aber blöd dagegen grunzt, dass man es nicht verdient hat, dass sich eh nie etwas ändern wird, warum überhaupt noch versuchen - bist eh schon hundertmal oder mehr auf die Schnute gefallen.

Und genau hier muss man für sich selbst genau schauen.

Was will ich?
Was will ich nicht (mehr)?

Wage die ersten Schritte. Da du bereits 2x in Kliniken warst, weißt du sicher, was zu tun ist.
Sprich mit deinem Hausarzt, geh auf Therapeutensuche - jeder noch so kleine Schritt ist besser, als nichts zu tun. Es könnte ein Anfang von etwas sein. Dein Anfang gegen deine soziale Angst.

Und den lieben Worten von @Stromboli möchte ich mich gern anschließen.
Gib die Hoffnung nicht auf, dass da draussen irgendwo jemand auf dich wartet.

Alles Liebe für dich,
Ziva

28.07.2022 09:07 • x 6 #5


Ziva
Kleiner Nachtrag Lese es grad.

Zitat von Grothszes:
Aber leider werde ich wieder in den alten Trott fallen und das Gefühl nicht loswerden, alles Mögliche im Leben zu verpassen.


Dieser alte Trott passiert uns allen sicher mal oder zwischendurch immer mal wieder.
Gib nicht auf und vor allem - gib dich nicht auf.

Ich könnte aus meinem Nähkästchen plaudern - ich kenne das mit dem alten Trott so sehr gut.
Als ich in der TK war, habe ich immer wieder gesagt, dass ich die schönen Dinge im Leben verpasse.
Ich bin immer nur einmal in der Woche in den Supermarkt gegangen, zur Kita / dann zur Schule und wieder nach Hause.
Niemals wäre ich alleine spazieren gegangen oder wäre in die Stadt gefahren, um mir dort in einem schönen Cafè einen Kaffee zu holen. Ich hatte immer Angst vor Menschen - wie sie mich sehen, was sie von mir denken.. was ist, wenn ich etwas falsch mache?
Schöne Dinge waren für mich alles, was mit rausgehen zu tun hatte. Menschen treffen, Festivals, Konzerte, Besuch am Badesee, Schlittschuhlaufen, Eis essen gehen, Minigolf spielen mit der Freundin, in die Bibliothek gehen, shoppen, in einem Restaurant essen ...
Dabei war es ganz egal, ob ich diese Dinge mit meiner Freundin machen wollte oder vielleicht auch alleine - ich habe es nicht gemacht. Und ja, ich habe jahrelang so einiges verpasst. Und ich habe dadurch auch Freundschaften verloren. Aber die Angst war zu groß und ich brauchte Sicherheit.

Psychotherapie, Ergotherapie und der Klinikaufenthalt haben mich schon gestärkt.
Das ist nie falsch und so etwas muss man sich auch nicht verdienen.

Wenn meine Freundin mich heute fragt, ob wir uns für einen Kaffee in der Stadt treffen, wird mir erstmal schlecht.
Weil ich Angst vor langen Autoschlangen habe. Weil ich Angst davor habe, als erste an der roten Ampel zu stehen. Weil ich Angst habe, keinen Parkplatz zu finden. Weil ich Angst habe, den Weg vom Parkplatz bis zum Treffpunkt alleine gehen zu müssen. Weil ich Angst habe, irgendwas falsch zu machen und auch davor, dass mich fremde Menschen ansprechen. Weil ich Angst davor habe, dass ich jemanden treffe, den ich kenne. Weil ich Angst vor Wie geht es dir und was machst du so-Fragen habe. Dann habe ich Angst vor dem Zusammentreffen mit meiner Freundin. Weil sie immer so viel mehr erlebt als ich. Und ich nicht so viel zu erzählen habe. Ich fühle mich langweilig und oft auch fehl am Platz. Das fühle aber nur ich so - meine Freundin hat sich auf mich gefreut und verbringt gern Zeit mit mir, unglaublich für mich, aber wahr.

Aber .. weißt du, was das so wichtige an diesem Treffen ist? Dass ich nicht auf meine inneren Stimmen gehört habe, sondern losgefahren bin. Dass ich mich gegen meine tausend Ängste gestellt habe, weil ich trotz allem etwas Schönes erleben möchte. Das ist das Wichtige.

Ich hätte mich noch schlechter gefühlt, wäre ich zu Hause geblieben. Und dann wären die inneren Stimmen explodiert.
War ja klar, dass du es nicht schaffst!etc.

Ich kann hier nur für mich sprechen:
Damit ich die schönen Dinge im Leben nicht verpasse, muss ich stetig üben. Ich muss meiner inneren Stimme den Mittelfinger zeigen und ihr den Mund verbieten. Ich muss mich trauen, sonst wird es nichts. Das ist jedes Mal wieder aufs Neue total schwer und es klappt auch nicht immer. Klar. Aber ab und zu klappt es eben doch das zeigt mir, dass aufgeben keine Option mehr ist.

Das wünsche ich auch dir.

28.07.2022 09:39 • x 6 #6


Stromboli
Zitat von Grothszes:
Was für einen Stellenwert hat Psychotherapie da für dich gehabt?


Lieber Grothszes
Psychotherapie hatte und hat dabei eine sehr wichtige Rolle. Im Rückblick - ich gehe seit 8 Jahren wieder regelmässig in Therapie, in dieser Zeit bei 3 verschiedenen Therapeuten/-innen - war das ein langer, langsamer, aber stetiger Prozess. Oftmals schien es mir zu stagnieren, aber das täuscht. Es braucht diese Phasen, wo sich etwas innerlich vorbereitet, im Aussen aber noch kein Fortschritt sichtbar wird - wie die Pflanzen im Winter im Boden sich aufs Wachstum vorbereiten.
So waren 5-6 Jahre gerade in Bezug auf eine Partnerschaft noch nicht von Erfolg gekrönt, ich blieb da Single und traute mir kaum was zu. Dann war die Zeit reif für eine neue Therapeutin, diesmal im Traumabereich, und fortan ging es in dieser Hinsicht vorwärts. Seit 3 Jahren bin ich nicht mehr Single. Nicht dass nun alles leicht wäre, das wäre aufgrund meiner Lebensgeschichte auch unrealistisch zu erwarten, eine Partnerschaft ist auch heute für mich eine grosse Herausforderung. Trotzdem, erstmals in meinem Leben überwiegen die positiven und beglückenden Aspekte. Das ist doch eine frohe Nachricht
Das ist mein Weg - vielleicht gibt es darin für dich einen Impuls, aber denk daran, man kann nie etwas von jemandem einfach übernehmen. Dein Weg ist nie genau derselbe wie der eines anderen. Aber auch bei dir gibt es das Potenzial, dass deine Wünsche weit mehr Raum erhalten dürfen als aktuell.
Liebe Grüsse, Stromboli

28.07.2022 11:47 • x 5 #7


G
Sorry, dass ich jetzt erst antworte - erstmal vielen vielen Dank für deine beiden ausführlichen Beiträge, @Ziva.

Zitat von Ziva:
Zurückzuführen auf diese Aussage

Das war depressiv eingefärbt - eigentlich weiß ich's besser, habe wohl noch viel Zeit. Aber trotzdem fühle ich mich oft schon ganz alt; als wenn der Tod nur auf mich wartet, als wenn ich schon kurz vorm Ende wäre. Mir sind so viele wertvolle Lebensjahre durch die Hände geflossen - die krieg ich nicht mehr wieder.

Man muss hier wohl lernen, sich selbst zu vergeben - dafür, dass man eben nicht alles auf Anhieb geschafft hat und den Kampf zwischendurch auch mal aufgegeben musste. Kennst du das Konzept der Selbstvergebung? Ich habe mal irgendwo gelesen, dass dies erst der Weg zu einer ruhigeren Psyche sein soll.

Zitat von Ziva:
Das kann ich sehr gut nachfühlen, denn ich kenne es von mir selbst.

Es fühlt sich (für mich) so an, als wenn die eigene Primärpersönlichkeit durch die Angststörung (in Kombination mit der Depression) überlagert wird. Anders kann ich mir dieses Wechselhafte (von kommunikativ nach gehemmt, von mutig nach ängstlich) nicht erklären.

Zitat von Ziva:
bist eh schon hundertmal oder mehr auf die Schnute gefallen.

Eben. Das Problem ist, dass ich (auch wenn es nur um Freundschaften geht) ab einem bestimmten Punkt massive Angst bekomme und infolgedessen ganz schüchtern werde - dann erstarre ich förmlich und blocke sogar freundliche Angebote meist nur noch ab.

Zitat von Ziva:
geh auf Therapeutensuche

Da bin ich jetzt wieder aktiv bei! Habe heute schon rumtelefoniert.

Zitat von Ziva:
Ich hatte immer Angst vor Menschen

Fühlst du dich denn auch oft so beobachtet? Das ist wohl der Effekt dieser gesteigerten Selbstaufmerksamkeit.

Zitat von Ziva:
Dabei war es ganz egal, ob ich diese Dinge mit meiner Freundin machen wollte oder vielleicht auch alleine - ich habe es nicht gemacht.

Das kenne ich, manchmal hilft einem nicht mal mehr Begleitung/Gesellschaft, meistens aber schon.

Zitat von Ziva:
Und ja, ich habe jahrelang so einiges verpasst. Und ich habe dadurch auch Freundschaften verloren. Aber die Angst war zu groß und ich brauchte Sicherheit.

Aber hinterher ist sie (die Angst) dann weniger geworden?

Zitat von Ziva:
Wenn meine Freundin mich heute fragt, ob wir uns für einen Kaffee in der Stadt treffen, wird mir erstmal schlecht. [...]

Solche Kaskaden von Ängsten, die du hier anhand dieses Beispiels schilderst, kenne ich oftmals genauso.

Zitat von Ziva:
Dass ich nicht auf meine inneren Stimmen gehört habe, sondern losgefahren bin. Dass ich mich gegen meine tausend Ängste gestellt habe, weil ich trotz allem etwas Schönes erleben möchte. Das ist das Wichtige.

Ja, das verstehe ich - schlimm wäre es, wenn der Antrieb, über seinen Schatten zu springen und etwas Schönes zu erleben, ganz versiegt. Das ist mir persönlich aber schön öfters passiert

Zitat von Ziva:
Ich kann hier nur für mich sprechen: Damit ich die schönen Dinge im Leben nicht verpasse, muss ich stetig üben. [...] Das ist jedes Mal wieder aufs Neue total schwer und es klappt auch nicht immer.

Aber bist du es nicht auch manchmal leid, stetig zu üben? So in Form einer scheinbar endlosen Selbstmanipulation? Ich will einfach nur mal frei sein und nicht ewig meinem Naturzwang bzw. meiner Angstkonditionierung unterliegen!

Zitat von Ziva:
Das wünsche ich auch dir.

Danke sehr!

02.08.2022 16:13 • x 2 #8


G
Hallo @Stromboli.

Zitat von Stromboli:
Psychotherapie hatte und hat dabei eine sehr wichtige Rolle.

Was ist denn bis jetzt so deine Lieblingstherapierichtung? Mir wurde zweimal die kognitive Verhaltenstherapie angeraten und daran werde ich mich halten, erstmal zumindest.

Zitat von Stromboli:
ich gehe seit 8 Jahren wieder regelmässig in Therapie

Puh, das ist eine lange Zeit der Selbstmanipulation.

Zitat von Stromboli:
Oftmals schien es mir zu stagnieren, aber das täuscht. Es braucht diese Phasen, wo sich etwas innerlich vorbereitet, im Aussen aber noch kein Fortschritt sichtbar wird - wie die Pflanzen im Winter im Boden sich aufs Wachstum vorbereiten.

Ja, manchmal arbeitet das Unter- resp. Unbewusste (für einen), obwohl man es gar nicht so merkt. Dann ergibt sich eine Neujustierung des Gefühlslebens bzw. der Gedanken. Deine Metapher finde ich da sehr gut!

Glaubst du an Bewusstseinsdrifts?

Zitat von Stromboli:
Dann war die Zeit reif für eine neue Therapeutin, diesmal im Traumabereich, und fortan ging es in dieser Hinsicht vorwärts.

Ich will nicht unsensibel sein, aber wie bekommt man so eine Traumatherapie? Was ist die krankheitsmäßige Voraussetzung dafür?

Zitat von Stromboli:
Das ist doch eine frohe Nachricht

Definitiv. Da kannst du dich glücklich schätzen!

Zitat von Stromboli:
Das ist mein Weg - vielleicht gibt es darin für dich einen Impuls, aber denk daran, man kann nie etwas von jemandem einfach übernehmen. Dein Weg ist nie genau derselbe wie der eines anderen.

Danke, das finde ich sehr umsichtig von dir. In der Tat isses doch manchmal so, dass Menschen sich einander falsch beraten.

Hier hab ich aber nicht das Gefühl

02.08.2022 16:35 • #9


Stromboli
Zitat von Grothszes:
wie bekommt man so eine Traumatherapie? Was ist die krankheitsmäßige Voraussetzung dafür?


Das ist wahrscheinlich in Deutschland etwas komplizierter und bürokratischer als in der Schweiz, soweit ich das aus der Ferne wahrnehmen kann. Deshalb kann ich dazu direkt nicht viel sagen. Hier gibt es dafür keine krankheitsmässige Voraussetzung. Du kriegst eine Traumatherapie bei einer anerkannten Therapeutin/einem anerkannten Therapeuten genauso gut wie irgendeine andere Psychotherapie. Entscheidend ist hier nur, dass der Therapeut/die Therapeutin den nötigen Titel hat (Psychiatrie und/oder Psychotherapie, seit diesem Sommer sind nichtärztliche Psychotherapeuten/-innen etwas bessergestellt als vorher). Ich habe auch den Eindruck, dass die kognitive Verhaltenstherapie hier eine weniger dominante Stellung auf dem Markt hat als in D. Für mich persönlich wäre sie in ihrer orthodoxen Form eindeutig nicht das Richtige gewesen.

02.08.2022 20:42 • x 1 #10


Beleg62
@Grothszes
Zitat von Grothszes:
wie bekommt man so eine Traumatherapie?

Ich habe, als ich einer Pädagogin (bei der es sich zugleich, um eine Therapeutin gehandelt hat) von meinem Verhalten und traumatischen Erfahrungen erzählt habe, von ihr EMDR empfohlen bekommen.
Falls es dir nichts sagt: EMDR steht für "eye movement desensitizasion and reprocessing". Auch wenn meines Wissens nach noch nicht genau bekannt ist warum, ist es bewiesen, dass EMDR verhältnisweise schnell und effektiv, bei der Überwindung von Trauma, hilft.

02.08.2022 21:31 • x 1 #11


O
Zitat von Grothszes:
Aber bist du es nicht auch manchmal leid, stetig zu üben? So in Form einer scheinbar endlosen Selbstmanipulation? Ich will einfach nur mal frei sein und nicht ewig meinem Naturzwang bzw. meiner Angstkonditionierung unterliegen!

Therapiearbeit ist leider oftmals harte Arbeit und üben nervt oft gewaltig. Zumindest empfinde auch ich das so.
Als Selbstmanipulation würde ich das nicht sehen.
Das Üben führt letztendlich dazu frei sein zu können.

Das wünsche ich Dir!

02.08.2022 22:58 • x 5 #12


G
Zitat von Stromboli:
Für mich persönlich wäre sie in ihrer orthodoxen Form eindeutig nicht das Richtige gewesen.

Darf ich fragen, warum? Du hast ja schonmal woanders angedeutet, dass die Gruppentherapie dir nicht gelegen hätte. Aber sich generell mit der VT nicht kompatibel zu erleben, ist ja nochmal was ganz anderes. Diese wird bei uns in DE tatsächlich oft als das Nonplusultra beworben.

Zitat von Beleg62:
Auch wenn meines Wissens nach noch nicht genau bekannt ist warum, ist es bewiesen, dass EMDR verhältnisweise schnell und effektiv, bei der Überwindung von Trauma, hilft.

Das hört sich ja vielversprechend an. Müsste ich dann mal mit einem Thera besprechen, ob das bei mir angebracht wäre und was bringen könnte. Machst du das denn jetzt schon selbst innerhalb eines therapeutischen Settings?

Zitat von ohneFunktion:
Als Selbstmanipulation würde ich das nicht sehen.
Das Üben führt letztendlich dazu frei sein zu können.

Na gut, dann will ich das mal glauben. Ich selbst hab damit ja noch keine Erfahrung. Danke!

03.08.2022 12:15 • #13


Ziva
Hi

Zitat von Grothszes:
Aber trotzdem fühle ich mich oft schon ganz alt; als wenn der Tod nur auf mich wartet, als wenn ich schon kurz vorm Ende wäre. Mir sind so viele wertvolle Lebensjahre durch die Hände geflossen - die krieg ich nicht mehr wieder.


Das kann ich auch irgendwie nachvollziehen. Ich fühle mich nicht sonderlich alt, aber ich habe auch oft den Gedanken, dass ich etwas verpasst habe. Obwohl das vor 10 Jahren noch schlimmer war, als es heute ist. Natürlich bekommen wir diese Jahre nicht mehr zurück, daher glaube ich, macht es Sinn nach vorn zu schauen. Du und ich auch - wir haben noch Zeit, tolle Dinge zu erleben und auch leisten zu können. Ab 30 und 40 fängt das gute Leben doch gerade erst an

Zitat von Grothszes:
Man muss hier wohl lernen, sich selbst zu vergeben - dafür, dass man eben nicht alles auf Anhieb geschafft hat und den Kampf zwischendurch auch mal aufgegeben musste. Kennst du das Konzept der Selbstvergebung? Ich habe mal irgendwo gelesen, dass dies erst der Weg zu einer ruhigeren Psyche sein soll.


Sich selbst zu vergeben ist nicht so einfach. Ich scheitere daran, das kann ich einfach nicht. Kannst du das?
Ja oke, ich kann mir wohl so kleine Dinge verzeihen - aber die großen, wichtigen Dinge, mhn.. schwierig. Ich wüsste auch nicht, wie ich das mit mir ausmachen sollte.

Zitat von Grothszes:
Da bin ich jetzt wieder aktiv bei! Habe heute schon rumtelefoniert.

Das klingt super! Freut mich! Ein guter Schritt!

Zitat von Grothszes:
Fühlst du dich denn auch oft so beobachtet? Das ist wohl der Effekt dieser gesteigerten Selbstaufmerksamkeit.

Mhn, ich fühle mich schon oft angeschaut oder beobachtet. Übrigens fühle ich das nicht nur, ich sehe, dass die Leute es tun. Und einige kennen da auch einfach überhaupt keine Scheu, das artet ins Glotzen und Anstarren aus. Ich sehe das nicht als gesteigerte Selbstaufmerksamkeit an. Sondern gebe das gern an meine Umwelt ab. ... eine Frechheit der Menschheit oder sowas..

Zitat von Grothszes:
Aber hinterher ist sie (die Angst) dann weniger geworden?

Nö.

Zitat von Grothszes:
Aber bist du es nicht auch manchmal leid, stetig zu üben? So in Form einer scheinbar endlosen Selbstmanipulation? Ich will einfach nur mal frei sein und nicht ewig meinem Naturzwang bzw. meiner Angstkonditionierung unterliegen!

Natürlich bin ich es ab und zu leid immer wieder etwas zu üben.
Aber ich stimme den Worten von @ohneFunktion zu. Je mehr wir etwas üben, umso leichter fällt es uns irgendwann. Wenn wir dran bleiben, geht es irgendwann in uns über und wir können es einfach so tun. Ich sehe das auch nicht als Selbstmanipulation an, sondern als eine Vorstufe von Freiheit.

Viele Grüße

03.08.2022 12:55 • x 2 #14


Beleg62
@Grothszes
Zitat von Grothszes:
Machst du das denn jetzt schon selbst innerhalb eines therapeutischen Settings?

Noch nicht. Meine Therapeutin hat mir erklärt, dass man, da diese Sitzungen recht intensiv sind, erst annähernd stabil sein muss.
Trigger

Sprich: nicht suizidal, kein selbstverletzendes Verhalten und genug Tagesstruktur, die einen danach ablenkt.



Hoffentlich bin ich baldmöglichst an dem Punkt, um endlich damit anzufangen.

03.08.2022 15:26 • #15


G
Zitat von Ziva:
Ich fühle mich nicht sonderlich alt, aber ich habe auch oft den Gedanken, dass ich etwas verpasst habe.

Nur so ein vages Gefühl oder auch so nach dem Motto: So, dies und das hätte ich gerne schon früher gemacht? Oder: das will ich, aber es ist jetzt nicht mehr möglich?

Zitat von Ziva:
Obwohl das vor 10 Jahren noch schlimmer war, als es heute ist.

Na gut, in diesen 10 Jahren ist, denke ich mal, einiges passiert - an Fortschritten, so wie ich hoffe... daher ist es jetzt für dich erträglicher, oder?

Zitat von Ziva:
Natürlich bekommen wir diese Jahre nicht mehr zurück, daher glaube ich, macht es Sinn nach vorn zu schauen.

Leider nicht, nein. In solchen Momenten der Trauer, des Selbstmitleids (hat leider meist nur eine negative Konnotation), denke ich mir manchmal so: Was wäre nur, würde ich mein Leben mit all seinen Widrigkeiten einfach völlig akzeptieren? Es in den Arm nehmen, ihm vergeben und dadurch viel mehr Energie zum Weitermachen erhalten? Verstehst du, was ich meine? Es geht um so ein Nicht-Trauern, Nicht-Stagnieren - so ein Bejahen des Schicksals. Ganz übertrieben wurde dies wohl im Film Der Ja-Sager mit Jim Carry aufgegriffen

Zitat von Ziva:
Ab 30 und 40 fängt das gute Leben doch gerade erst an

Wie war das nochmal? Für Udo Jürgens sogar erst ab 66. Man könnte fast meinen, wir sind noch früh dran.

Zitat von Ziva:
Sich selbst zu vergeben ist nicht so einfach. Ich scheitere daran, das kann ich einfach nicht. Kannst du das?

Nein, kann ich überhaupt nicht, vor allem nicht bei großen Sachen. Da sind ein paar psychische Brandherde, die ich immer wieder ganz dolle verdrängt hab - die schwelen jetzt so inaktiv irgendwo im Unbewussten rum und könnten, je nach Lebenskontext, wieder an mich herantreten. Diesmal würde ich aber vielleicht reifer mit diesen Fehlern, schlechten Erfahrungen, Beschämungen, Psychotraumata, etc. umgehen.

Zitat von Ziva:
eine Frechheit der Menschheit oder sowas.

Definitiv!

Zitat von Ziva:
Je mehr wir etwas üben, umso leichter fällt es uns irgendwann. Wenn wir dran bleiben, geht es irgendwann in uns über und wir können es einfach so tun.

Ja, stimmt, das ist so - dann geht es in einen über und anschließend handelt man instinktiv ganz neu. Da mag einiges an verschüttetem Potential bei ganz vielen Menschen vorhanden sein. Es muss nur wachgerüttelt werden.

Zitat von Ziva:
Ich sehe das auch nicht als Selbstmanipulation an, sondern als eine Vorstufe von Freiheit.

Okay!

03.08.2022 18:30 • x 1 #16


A


Hallo Grothszes,

x 4#17


G
Zitat von Beleg62:
Noch nicht. Meine Therapeutin hat mir erklärt, dass man, da diese Sitzungen recht intensiv sind, erst annähernd stabil sein muss.

Okay, verstehe - ja, mit traumatischen Inhalten konfrontiert zu werden, gerade in emotionaler und visueller Hinsicht, kann sehr aufreibend sein. Da ist Coping gefragt.

Zitat von Beleg62:
Hoffentlich bin ich baldmöglichst an dem Punkt, um endlich damit anzufangen.

Ach, Mensch - das wünsche ich dir auch!

03.08.2022 18:44 • x 2 #17