2

Aufgelöster Mensch

F
An Tagen wie heute wird mir deutlich, wie absurd es ist, dass es soweit gekommen ist.
Im Plattenbau in einer Professorenfamilie groß geworden.
In der Grundschule war ich einer der besten. Aber die Mutter war gewalttätig. Sehr. Ich hatte Angst. Viele Jahre.
Auf dem Gymnasium war ich einer der besten.
Aber ich wurde ausgegrenzt. Es ging mir nicht gut.
Depressionen.
Die bis heute nicht weggingen. Ich bin jetzt 40.
Ausbildung: Ich wurde als Überflieger bezeichnet, kam aber schlecht mit den Kollegen klar. Depressionen.

Man wollte mich unbedingt halten aber ich sagte indirekt Fic k t Euch.

Also studierte ich. Irgendwas mit Mathe. Ich war immer sehr gut im Umgang mit Mathe.
Menschen sind für mich schwierig.

Ich war sehr gut in der Uni, aber es ging es mir nicht gut. Ich konnte (fast) alles. Es fiel mir leicht.
Ich hatte Jobangebote seitens Professoren. Seitens Unternehmungsberatungen.
Aber mein Selbstwert war und ist im Keller.
Also lehnte ich alles ab. Hangelte mich von Schei s s-Job zu Schei s s-Job.

Jetzt bin ich arbeitslos. Hartz4. Werde jetzt 40. Gebe Studenten Nachhilfe. Zum Aufstocken.
Wohne in einer 35qm Wohnung im Plattenbau.

Wie konnte es soweit kommen?
Wie konnte es soweit kommen?
Wie konnte es soweit kommen?

Es ist Weihnachten 2021. Ich bin alleine. Ich radele durch den Stadtteil meiner Kindheit. Plattenbau. Hochhäuser. Dreck.
Lange nicht mehr hier gewesen. Die Gegend hat sich verändert.
Viel wurde umgebaut.
Treppen existieren nicht mehr. Spielplätze nicht mehr. Wege nicht mehr. Überall Erinerungen. Kindheitserinnerungen.
Die Freunde von damals sind weg.
Ich bin alleine.
Ich bin alleine.
Ich bin alleine.

Ich sehe die Wohnung meiner Kindheit. Ich sehe das Fenster meines Kinderzimmers. Viel hat sich verändert. Ich war so vielversprechend. Ich bin gescheitert. Depressionen.
Ich bereue nur, nicht mehr Alk. mitgenommen zu haben.

Ich bin gescheitert.
Ich bin gescheitert.

Ich löse mich auf. Niemand nimmt mich wahr.

Keine Familie. Keine Freunde.

Belanglos und unbedeutend. Nicht beachtet, von den Menschen.

Ich bin nichts.
Ich bin nichts.
Ich bin nichts.

24.12.2021 21:27 • x 1 #1


Jana7
Hallo,

das klingt wirklich schlimm.
Gewalt gibt es in allen sozialen Schichten. Aber gewalttätige Professoren? Das ist schon sehr ungewöhnlich.
Und Dein Vater hat nichts unternommen?

Welche Fachgebiete denn? Doch keine Psychiater?

Plattenbau: War das in der DDR?

Also Professoren wohnen doch nicht freiwillig in Plattenbauten.
Die Eltern sind weggezogen? Waren sie älter und sind verstorben?

Wenn nicht: Wie ist das Verhältnis zu ihnen - insbes. dem Vater?

Großeltern?

Die Schule kann übel sein...
Freunde, die Medizin studiert haben, fanden an der Uni mühelos Anschluss - und beste Optionen für die Partnerwahl.

Das Studium Mathe hat schon ein bisschen den Ruf, dass es vor allem Männer machen und schüchternere.

Du erwähnst keine Freundin, Partnerschaft - was sehr schade ist.
Falls Du schüchtern sein solltest, sensibel, ängstlich, dürfte dies die Partnersuche - insbes. bei dieser Mutter - sehr erschweren.

Die Mutter - sie ist zuständig für Zuneigung, Liebe - mehr nach als der Vater. Sie gibt im Idealfall die Brust.

So eine Kindheit kann man wahrscheinlich nicht unbeschadet überstehen.
Trotzdem kannst Du sie vielleicht etwas abstreifen.

Du erwähnst keine Psychotherapien, Arztbesuche. Hast Du noch nie etwas in dieser Hinsicht unternommen?

Sehr gerne kannst Du mir eine PN schicken...



Zitat:
Die Freunde von damals sind weg.


Du hattest doch einige Freunde?

Zitat:
Ich bereue nur, nicht mehr Alk. mitgenommen zu haben.


Du meinst auf die Radtour?

24.12.2021 21:49 • #2


Kate
Zitat von Jana7:
Aber gewalttätige Professoren? Das ist schon sehr ungewöhnlich.

Hi Jana, insbesondere Professoren. Denen traut die Allgemeinheit sowas nämlich nicht zu und deshalb kommen sie ungeschoren davon, egal was sie tun. Eben weil viele dies so sehen wie Du. Brich deinem Kind den Arm, geh zum Arzt, würde der Arzt niemals denken, in so einer Professorenfamilie käme das vor. Diese Urteile sind dann sozialschwachen Familien vorbehalten, wo das Kind mitunter tatsächlich von der Schaukel fiel.

Zitat von Jana7:
Also Professoren wohnen doch nicht freiwillig in Plattenbauten.

Zu DDR Zeiten waren das die beliebtesten Wohnungen, warm Wasser, Bad in der Wohnung und immer warm.

So viel mal kurz dazu.

LG Kate

24.12.2021 22:04 • x 1 #3

Pfeil rechts